Eine Woche lang lag das Angebot auf dem Tisch: Das Bundesamt für Kultur (BAK) schiesst der überschuldeten Radgenossenschaft 40'000 Franken vor, damit der Betrieb bis Ende Jahr gewährleistet ist – im Gegenzug tritt die Führungscrew zurück, inklusive Präsident Daniel Huber, der die Dachorganisation der Schweizer Jenischen mit seinen grossen Lohnvorbezügen erst in Schieflage gebracht hatte. Gestern Abend lief die Frist für den Deal ab, Huber trat nicht zurück.

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Dafür holte er per Medienmitteilung aus zum Gegenschlag. Hauptaussage: Für die finanziellen Ungereimtheiten in seiner Organisation, die der Beobachter Ende Juli publik machte (www.beobachter.ch/jenische), sei nicht er verantwortlich – sondern seine Geschäftsführerin Sandra Bosshard.

Huber nimmt es dabei mit der Wahrheit nicht allzu genau. So behauptet er etwa, Bosshard habe «mit Einzelzeichnungsberechtigung allein alle Zahlungen von den Konten der Radgenossenschaft» ausgeführt – ein Blick ins Handelsregister zeigt dagegen, dass die Geschäftsführerin nur zu einer Kollektivunterschrift zu zweien berechtigt ist; der Präsident oder der Vizepräsident müssen mitunterzeichnen.

Rund 100'000 Franken flossen auf Hubers Konto

Nicht so recht greifen will auch der Vorwurf, Bosshard habe ihre Kompetenzen «mutmasslich eigenmächtig und auch zu ihren Gunsten» ausgenutzt, die Saläre «nach Gutdünken» mal regulär, mal «für ein paar Monate im Voraus» bezahlt und sich für übertriebene Spesenentschädigungen und gar für private Verkehrsbussen in der Radgenossenschaftskasse bedient. Denn von den «nach Gutdünken» ausbezahlten Salären profitierte vor allem Huber selber.

Aus Bankauszügen, die dem Beobachter vorliegen, geht hervor, dass sich der Radgenossenschafts-Präsident bis Ende Mai über 68'000 Franken Lohn auszahlen liess. Die erste grosse Tranche von 14'000 Franken floss bereits am 3. Januar, dem ersten Werktag des neuen Jahres. Anfang April folgte eine Lohnüberweisung von rund 20'000 Franken, Ende Mai kamen weitere 26'000 Franken hinzu.

Nicht zu vergessen die Spesen: Bis Ende Mai liess sich Huber fast 10'000 Franken Fahr- und 3000 Franken Essenspesen auszahlen. Zusammen mit Überstundenentschädigungen und anderen Zahlungen flossen so  innerhalb eines knappen halben Jahres rund 100'000 Franken von der Radgenossenschaft auf Hubers Konto. Der Grund für die Liquiditätsprobleme dürfte wohl eher dort liegen als in angeblichen privaten Verkehrsbussen, die Geschäftsführerin Bosshard aus der Geschäftskasse beglichen haben soll.

Geschäftsführerin unter Druck gesetzt

Sandra Bosshard hatte das Führungsgremium und das Bundesamt für Kultur – mit jährlichen Subventionen von über 250'000 Franken der Hauptgeldgeber der Organisation – im Juli über die finanziellen Probleme unterrichtet. In ihrem Schreiben bezeichnete sie es als Fehler, dass sie die Gelder ausbezahlt habe. Huber habe sie aber «unter Druck» gesetzt, da er in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt habe.

Tatsächlich scheint die 49-Jährige unter starkem Druck gestanden und gesundheitlich darunter gelitten zu haben. Nachdem sie bereits Anfang Jahr gekündigt hatte, zog sie die Kündigung zwar wieder zurück, da das BAK der Radgenossenschaft sonst eine Subventionstranche nicht ausbezahlt hätte – wobei das BAK laut einem Sitzungsprotokoll vom März «froh» war, dass sie weiterhin im Amt blieb. Im Sommer kündigte sie jedoch erneut; aus «medizinischen Gründen» und mit ärztlicher Unterstützung, wie aus einem Arztzeugnis hervorgeht, das dem Beobachter vorliegt. Als sie einige Wochen darauf auf das Loch in der Kasse hinwies, stellte Huber sie frei.

Wie es mit der Radgenossenschaft weitergeht, bleibt offen. Sicher ist: Die Zeit läuft langsam davon. Die Revisionsstelle, die im Auftrage des Bundes die Buchhaltung der Organisation überprüfte, hat Präsident Daniel Huber bis am 30. September Zeit für eine Sanierung der Finanzen gegeben. Laut Revisionsexperte fehlen rund 63'000 Franken. Ohne den Vorschuss des BAK dürften die schwierig aufzutreiben sein.