Schweizer Meisterin im Debattieren – cool, ich gewinne sonst nie was. Das ist gut fürs Ego. Eigentlich zielt der ganze Anlass ja darauf ab, Jugendliche mehr für Politik zu interessieren. Das halte ich für eine gute Idee – allerdings wärs schön, wenn sich Politiker auch für die Jugendlichen interessieren würden: Der Regierungsrat, der die Laudatio auf «Jugend debattiert» hätte halten sollen, ist einfach nicht aufgetaucht. Tolles Vorbild.

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An meiner Schule gibt es Politik als Freifach. Ich habs allerdings nicht belegt, da ich in diesem Semester den Übertritt ins Gymnasium schaffen und mich deshalb schulisch aufs Wesentliche konzentrieren will. Im Fernsehen schaue ich mir keine politischen Debatten an – voll nöd, viel zu spiessig. Das halte ich höchstens fünf Minuten durch. Wenn diskutiert wird, will man doch selbst mitreden und nicht bloss zuhören. Ausser vielleicht bei den Nachmittag-Talkshows auf den Privatsendern. Die sind zwar vom Niveau her armselig, aber dafür unterhaltsam. Passen super zu Pizza. Aber ich sehe sowieso selten fern.

Wenn ich ehrlich bin, war ich bei «Jugend debattiert» nicht ganz freiwillig dabei – anfangs zumindest. Unsere Schule hat an den regionalen Vorausscheidungen teilgenommen, so war Mitmachen Pflicht. Im Unterricht haben wir uns Reden von Barack Obama und Martin Luther King angeschaut und besprochen, worauf man in Diskussionen achten muss: Körperhaltung, Gestik, flüssige Sprache, keine Füllwörter und auf die Argumente des Gegenübers eingehen.

Einige wollten ganz schnell rausfliegen

Die Regeln für die Debatten waren dann die gleichen wie hier im Finale: In der Eröffnungsrunde hatte jeder Debattierende zwei Minuten Zeit, seinen Standpunkt darzulegen. Dann gabs zwölf Minuten freien Wortwechsel, bevor noch einmal jeder Einzelne eine Minute lang seinen Standpunkt unterstreichen konnte. Dabei wurden die Redner von einer Jury bewertet. An unserer Schule war das ein Teil der Schülerschaft.

Bei uns war das der erste Anlass dieser Art. In den USA gibts ja an vielen Schulen Debattierklubs. Ich denke, da gehen dann die gleichen Leute hin, die Theatergruppen besuchen. Das ist cool, aber nichts für mich. In meiner Freizeit mache ich lieber andere Sachen.

Die Vorausscheidung an unserer Schule fand an einem freien Nachmittag statt. Das war ein Fehler. Einige Schüler gaben sich deswegen extra keine Mühe, damit sie möglichst schnell rausflogen. Aber das ist nicht meine Art. Als ich dann gewonnen hatte, dachte ich, okay, dann fahre ich auch nach Bern zum Finale. Und nun habe ich gleich nochmal gewonnen. Ich weiss allerdings gar nicht warum. Die anderen Finalteilnehmer waren mindestens genauso gut. Ich habe mich übrigens gewundert, dass mein Kollege nicht weitergekommen ist. Der ist rhetorisch sehr begabt, aber schon in der Vorrunde ausgeschieden. Ich glaube, der war fast zu gut für diesen Wettbewerb.

Ausserhalb der Schule befasse ich mich normalerweise nur wenig mit Sprache. Ich gehe lieber ins Kung-Fu-Training. Ich lese zwar gern, aber nicht viel. Was mich bei manchen Sprachen fasziniert, ist der Klang, zum Beispiel beim Italienischen. Ich habe mir deswegen eine Diskussion der Tessiner Gruppe angesehen. Dort gings ziemlich ab. Verstanden habe ich aber bloss ein paar Brocken.

Ein paar «Ähms» und «Öhms»

Die Intensität der Debatten in unserer Kategorie hing jeweils stark vom Thema ab. Im Final musste ich mich für eine freiwillige Anpassung von Nachnamen für Ausländerinnen und Ausländer bei der Einbürgerung aussprechen. Das war spannend.

Ob man für oder gegen das Anliegen einstehen musste, erfuhren wir erst eine halbe Stunde vor der Debatte. Das ist gut, denn so muss man sich mit den Argumenten von beiden Seiten auseinandersetzen. Wenn es voll gegen die eigene Überzeugung geht, muss man wohl oder übel ein bisschen schauspielern. In der Finalrunde spielte das für mich keine Rolle; ich fand auch einige Argumente der Gegenseite gut. Einen starken Sparringpartner zu haben kann einerseits helfen, anderseits darf er nicht zu gut sein; schliesslich ist er immer auch ein Konkurrent. Mit meiner Leistung im Final war ich ganz zufrieden. Allerdings war meine Einführungsrede nicht flüssig; da waren ein paar «Ähms» und «Öhms».

Auf der Bühne zu debattieren ist halt ganz anders als im normalen Leben. Da diskutiere ich meistens mit meinem Bruder oder meinen Eltern. Früher ging es fast immer um den Ausgang, diese «Die anderen dürfen auch, wir sind aber nicht die anderen»-Debatte. Und natürlich wusste ich dabei, dass meine Eltern meistens recht hatten. Deshalb sind solche Streitereien viel emotionaler.

In den Podiumsdiskussionen hingegen lernt man, den eigenen Standpunkt sachlich zu verteidigen. Das ist gut, vielleicht kann mir das mal in einer brenzligen Situation helfen – und notfalls kann ich ja immer noch Kung-Fu.