Landwirt gerät unerwartet mit Gesetz in Konflikt
Der Aargauer Landwirt Georg Oeschger bekämpfte die Mäuseplage auf seiner Obstbaumplantage mit einem zugelassenen Gerät – und wird wegen Tierquälerei gebüsst.
Veröffentlicht am 31. März 2021 - 19:35 Uhr
Seit 66 Jahren maust Georg Oeschger. Er lernte auf dem Hof seiner Eltern schon früh, dass man damit einen Batzen verdienen kann. Bereits mit fünf fing er die Nager zwischen den Obstbäumen mit alten Bügelfallen ein. «An Spitzentagen verdiente ich damit mehr Geld als mein Vater beim Schuhnägelschmieden», erzählt der 71-Jährige.Heute begleiten ihn die Schermäuse noch immer. Allerdings verdient er mit ihnen kein Geld mehr. Im Gegenteil.
Auf seinem knapp zwei Hektaren grossen Land am Rand des Aargauer Dorfs Gansingen hegt und pflegt er alte resistente Obstsorten, 75 Bäume – Wybirne, Tändlichriesi, Rötberger. Die Mäuse lieben diese Bäume und fressen sich an den Wurzeln satt. Oeschger spricht von einer regelrechten Plage, gegen die Mausmasse komme er nicht an.
«Mit den konventionellen Bügelfallen leiden die Tiere zu lange. Topcat-Fallen sind ineffizient, Giftköder verboten, und an der Knüppelmethode mit Benzinvergaser erstickt man selbst fast – oder knüppelt unsinnig lange», sagt der pensionierte Bauleiter.
Mit einer Explosion gegen Mäuse
Letzten Herbst hörte er, wie es draussen auf den Feldern knallte. Ein Bauer verwendete ein Gerät, das er noch nie gesehen hatte: einen Gasdetonationsapparat. Dieser sogenannte Rodenator besteht aus einer 150 Zentimeter langen Lanze, durch die jeweils 30 Sekunden lang Propangas und Sauerstoff in den Mausgang fliessen. Durch ein eingebautes Zündsystem wird das Gasgemisch entzündet, die Druckwelle zerstört die Tunnel. Die Mäuse sterben.
Oeschger probierte die Methode auf seinem Land aus und war zufrieden. «Die Tiere sind sofort tot, sofern man das Gerät richtig anwendet: bei feuchtem, dichtem Boden.» Agroscope, das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung zeigt auf, welche Schutzmassnahmen der Anwender einhalten muss, wenn er damit arbeitet.
Oeschger überprüfte die unterirdischen Bausysteme. «Keine Tiere lebten mehr. Es gab keine Verletzten.»
Die Polizei kommt
Der Krach auf der Wiese erschreckte jedoch die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner. Mitte November standen deswegen plötzlich Regional- und Kantonspolizei zwischen Oeschgers Bäumen, er selbst war gerade dabei, mit dem Rodenator zu hantieren. Die Beamten waren ratlos, mit Mäusebekämpfung hatten sie nicht gerechnet. Nach einigen Telefonaten jedoch befanden sie, Oeschgers Apparat sei illegal. Er sei exakt seit vier Tagen verboten. Oeschger wusste nichts davon.
Mit seinem Fall beschäftigte sich schon bald die Staatsanwaltschaft, gegen ihn wurde Strafanzeige wegen Tierquälerei eingereicht. Die Busse betrug knapp 2000 Franken. Nur: Die Polizisten hatten sich geirrt. Der Rodenator ist in der Schweiz nicht verboten, es hatte nie eine Gesetzesänderung gegeben. Das bestätigt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).
«Wenn, dann müsste das ganze Gerät verboten sein.»
Georg Oeschger, Landwirt
Wenn das Gerät nicht explizit verboten ist, weshalb wird Oeschger dann bestraft? «Die Schadnagerbekämpfung mittels Explosiva wird von uns als nicht zulässig und potenziell qualvoll beurteilt», sagt Claire Bussy Pestalozzi vom BLV.
Entgegen Oeschgers Beobachtungen würden die Tiere leiden: «Die Anwendung des Rodenators führt nicht zum sicheren Tod der Tiere. Es kann zu schweren Verletzungen kommen.» Die Methode erfülle die Kriterien einer fachgerechten und tierschutzkonformen Tötung nach der geltenden Tierschutzgesetzgebung nicht. Auch der Schweizer Tierschutz rät von der Verwendung des Geräts ab.
Der Rodenator selbst ist also legal, doch seine Anwendung verstösst gegen den Tierschutz. Die Methode sei «bereits ohne Gesetz nicht zulässig, daher wird in der Rechtsetzung darauf verzichtet, die konkreten Handlungsweisen noch explizit einzeln zu erwähnen», sagt Bussy Pestalozzi.
Für Georg Oeschger ist das unverständlich. «Wenn, dann müsste das ganze Gerät verboten sein. Es müssten klare Verhältnisse geschaffen werden», sagt der aktive Naturschützer. Gegen den Strafbefehl hat er Einsprache erhoben. Nun beschäftigt sich die Justiz mit dem Fall. «Sollte man am Vorwurf der Tierquälerei festhalten, weiss ich nicht, wie ich die Mäuse in den Griff bekommen soll, und kann meine Bäume direkt mit der Motorsäge bodigen.»
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2 Kommentare
Wieso nicht Schädlinge mit Nützlingen bekämpfen. Bei uns klappt das Wunderbar... Seit vermehrt Greifvögel wie Milan, Turmfalke, Bussard und Eulen ihr Werk verrichten, sind die Mäuse weg. Man muss es den Tieren nur gemütlich machen... Aber dann muss man sich eben mit dem Verhalten und Fressgewohnheiten der Mäuseräuber auseinandersetzen. Richten Sie Sitzhilfen für Raubvögel ein, um es ihnen zu erleichtern, die Mäuse zu jagen. Für Wiesel und Füchse erstellt man am besten mehrere Ast- oder Steinhaufen um ihnen Unterschlupf zu bieten, damit sie sich der Mäuse in der Anlage annehmen können.
Nicht gleich wieder alles Vergiften und in die Luft jagen... Wenn man dem Ökosytem Hilfe anbietet und es machen lässt, klappt das.
Sie haben sich ihr Wissen wohl aus Büchern frei zusammengesucht. Schermäuse kommen nicht an die Erdoberfläche, sie bleiben in den Gängen und sind da geschützt vor Raubvögeln... Wir kennen die Plage aus eigener Erfahrung, es gibt kein effizientes Mittel gegen sie, der Schaden ist riesig... Ich gärtnere seit über 30 Jahren streng ökologisch, bin gegen Tierquälerei etc. Aber diese schöngeistigen Bürotäter gehen einem auf den Sack. Was spielen die sich auf und behaupten, die Mäuse würden leiden... Das Schnitzel auf ihrem Teller landet wohl auch freiwillig dort...
Lasst also den Mann machen, ich würde mich übrigens auch für die Methode interessieren...