So werden wir im Internet überwacht
Unsichtbare Bildpunkte spähen uns aus, ohne dass wir es merken. Doch man kann sich schützen.
Veröffentlicht am 21. November 2019 - 14:00 Uhr
Manchmal werden durch einen Zufall dubiose Praktiken einer ganzen Branche bekannt. Wie diesen Sommer. Das neue Mailprogramm der jungen US-Softwarefirma Superhuman bekam vorerst gute Kritiken. Auch weil man sich anzeigen lassen kann, wann der Empfänger eine Nachricht öffnet.
Doch dadurch werden die Empfänger der Mail überwacht – wie es auch bei Whatsapp geschieht . Bei Superhuman hatten allerdings Absender und Empfänger keine Ahnung davon.
Möglich machen die Überwachung sogenannte Tracking-Pixel. Maildienste und Websites setzen sie seit einigen Jahren ein, um das Nutzerverhalten zu analysieren. Der Nutzer bekommt davon nichts mit – soll er auch nicht.
Tracking-Pixel sind winzige Bildpunkte, einfach zu verstecken. Das läuft zum Beispiel so: Die meisten Mails werden heute nicht als reiner Text verschickt, sondern in der Internetsprache HTML. So lassen sich auch Bilder und Links integrieren. Dafür braucht es nur wenige Zeilen Code. Er enthält die Webadresse eines Servers, wo das Bild liegt, das in der Mail angezeigt werden soll. Nach dem Öffnen der Nachricht arbeitet das Mailprogramm den HTML-Code Schritt für Schritt ab und lädt schliesslich das auf dem angegebenen Server hinterlegte Bild, etwa ein Werbebanner oder ein Firmenlogo.
Oder eben ein Tracking-Pixel. Es ist nur einen Bildpunkt gross und transparent, auf dem Bildschirm quasi unsichtbar . Doch das Pixel wird auf dem zugeordneten Server abgerufen und dokumentiert – so liefert es dem Absender die Information, wann der Empfänger die Mail geöffnet hat, wie oft er sie geöffnet hat und – wie bei Superhuman – über die persönliche IP-Adresse des Empfängers auch ungefähr, wo er sie geöffnet hat. Zudem kann das verwendete Betriebssystem erkannt werden, das Mailprogramm – und ob ein PC oder ein mobiles Gerät zum Abrufen verwendet wurde.
Der Maildienst Superhuman hat sich mittlerweile entschuldigt, und die Tracking-Funktion ist nicht mehr standardmässig aktiviert.
Viele Maildienste bauen Tracking-Pixel ein. Sie verlangen für die Dienstleistung einige Franken pro Monat. Vor allem für Versender von Spam und Newslettern ist Tracking nützlich, um zu prüfen, ob die angeschriebene Mailadresse überhaupt existiert und ob die Sendung geöffnet wurde. Gemäss Schätzungen werden 70 Prozent der Spams und 16 Prozent der Mails getrackt.
Tipps: Was tun gegen Tracking-Pixel?
- Die Mailprogramme Outlook und Thunderbird erlauben es, die HTML-Darstellung abzuschalten. Mails werden so als reiner Text angezeigt, das Tracking-Pixel bleibt ungeladen.
- Googles Maildienst Gmail meldet die IP-Adresse der Empfänger nicht zurück. Kostenlose Gmail-Erweiterungen wie Ugly Email oder PixelBlock erkennen Tracking-Pixel in Mails und warnen.
- In anderen Mailprogrammen kann man in den Einstellungen das automatische Laden von Bildern unterbinden. Nutzer können danach bei jeder Nachricht entscheiden, ob sie die Bilder nachladen wollen oder nicht.