4_00_rg_blutspende.jpgMarianne H. war den jahrelangen Ärger mit ihrer schmerzenden Hüfte leid und entschloss sich für ein künstliches Gelenk. Bei den Operationsvorbereitungen empfahl ihr der Arzt eine Eigenblutspende für den Fall, dass der Blutverlust während des Eingriffs eine Transfusion erforderlich machen sollte. «Bis aufs Hüftgelenk sind Sie ja gesund», sagte der Arzt. «Mit eigenem Blut minimieren Sie die Gefahr einer Aids- oder Hepatitisinfektion.»

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Eine gute Idee, fand Marianne H. Der eigene Lebenssaft war ihr sowieso lieber als fremder. Also ging sie ein paar Wochen vor dem Eingriff erstmals in ihrem Leben zur Blutspende für sich selbst.

 

Der Notvorrat an Blut kam glücklicherweise nicht zum Einsatz, denn die Operation verlief problemlos und ohne grossen Blutverlust. Doch die Eigenblutspende sorgte für eine Uberraschung: Bei der Analyse der Blutkonserven wurde festgestellt, dass Marianne H. mit Hepatitis C infiziert war die Folge einer Jahrzehnte zurückliegenden Bluttransfusion.

 

Damals konnte man Blut noch nicht auf Hepatitis C testen. Da bei Marianne H. nie eine Gelbsucht auftrat, blieb die Ansteckung bis zur Hüftoperation unbemerkt. Künftig wird Marianne H. nicht nur zu ihrem neuen Gelenk, sondern auch zu ihrer Leber besonders Sorge tragen müssen.

 

Blut spenden heisst Leben retten

Bluttransfusionen sind aus der Medizin nicht mehr wegzudenken. Nach Unfällen oder Operationen mit grossem Blutverlust sowie bei bestimmten chronischen Erkrankungen kann eine Bluttransfusion Leben retten. Es muss aber nicht immer das Blut von fremden Spendern sein. Man kann problemlos auch auf die eigenen Blutreserven zurückgreifen.

 

Viele Patientinnen und Patienten machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. «Seit Anfang der achtziger Jahre bekannt wurde, dass man sich auch über Bluttransfusionen mit dem HI-Virus anstecken kann, nahmen Eigenblutspenden massiv zu», sagt Max Züger, Leiter des Blutspendedienstes der thurgauischen Kantonsspitäler. «Inzwischen machen die Eigenblutspenden rund 3,5 Prozent aller Spenden aus.»

 

Für eine Selbstspende bleibt in Notfällen keine Zeit wohl aber vor planbaren Eingriffen wie etwa dem Einsetzen einer Hüft- oder Kniegelenksprothese oder vor einer Prostataoperation. Die Blutentnahme für den Eigengebrauch findet ungefähr einen Monat vor dem Eingriff statt. Früher Blut zu spenden ist nicht möglich, denn der rote Saft lässt sich nicht länger als 42 Tage konservieren.

 

Dem Blutspender wird zweimal ein halber Liter der kostbaren Flüssigkeit abgezapft in etwa wöchentlichen Abständen. Nebenwirkungen treten in der Regel nicht auf auch nicht bei Spendern, die über 70 Jahre alt sind. Denn der Körper besitzt bis ins hohe Alter die Fähigkeit, bei Verlusten relativ rasch neues Blut zu bilden.

 

Wer spendet, muss fit sein

Bei den Selbstspendern unterstützt man die Blutproduktion durch zusätzliches Eisen; in Einzelfällen wird auch das blutbildende Hormon Erythropoetin verabreicht. Wer Eigenblut spenden will, sollte gesund sein. Bei schwerer Arterienverkalkung, Blutarmut oder akuten Infektionskrankheiten sind Blutspenden nicht empfehlenswert.

 

Aus dem gespendeten Blut werden in der Regel zwei Konserven gewonnen: eine aus den roten Blutkörperchen und eine aus dem Plasma. Neuerdings produzieren die Blutbanken auch Vollblutkonserven aus Eigenblut. Das «Blutguthaben» bleibt dem Spender vorbehalten.

 

In der Schweiz werden die meisten Eigenblutspenden während der Operation verwendet: 97 Prozent der Eigenkonserven aus roten Blutkörperchen und 76 Prozent des Plasmas gelangen als so genannte Retransfusion zurück zum Spender. «Da die Auftrennung von Eigenblut in Blutkörperchen und Blutplasma künftig wegfällt, wird sich das Ergebnis noch verbessern», sagt der Blutspendeexperte Max Züger. «Der einzige Nachteil des Vollbluts besteht in dem etwas kürzeren "Verfallsdatum" von 35 Tagen.»

 

Werden die reservierten Konserven bei einer Operation doch nicht eingesetzt, müssen die Spitäler diese vernichten aus ethischen Gründen und wegen gesundheitlicher Restrisiken.

 

Kostenloser Gesundheitscheck

Wie bei den Normalspendern wird auch das Blut von Eigenspendern im Rahmen eines kostenlosen Gesundheitschecks genau untersucht. Denn manche, die in bester Absicht Blut spenden, wissen nicht, dass sich in ihrem Blut gefährliche Krankheitserreger befinden: etwa Hepatitisviren, die eine Leberentzündung verursachen können oder das Aidsvirus HI.

 

In der Schweiz decken Spenderuntersuchungen jährlich rund 60 Hepatitis- und vereinzelte HIV-Infektionen auf. Dank der sorgfältigen Untersuchung von Spendern und Blutkonserven gelangt infiziertes Blut heute praktisch nicht mehr in die Spitäler. Unter 200000 Blutkonserven enthält durchschnittlich nur eine einzige unentdeckte Hepatitisviren. Aidserreger entgehen den Kontrollen noch seltener: Nur eine von 900000 Blutkonserven ist HIV-verseucht.

 

Das Blut wird knapp

Dennoch: Ganz eliminieren lassen sich die Ansteckungsgefahren nicht. Punkto Blut bewährt sich deshalb das Motto «Spare in der Zeit, so hast du in der Not».

 

Dies gilt nicht nur für all jene, die sich vor Infektionen fürchten, sondern auch für Personen mit seltenen Blutgruppen. Besonders zur Ferienzeit, wenn nur wenig Blut gespendet wird, kann es in den Krankenhäusern zu gefährlichen Engpässen kommen.

 

Neuere Studien zeigen, dass Eigenblut für die Empfängerinnen und Empfänger nicht nur wegen der geringeren Infektionsgefahr Vorteile bietet. Eigenblut ist auch besser verträglich und schont das Immunsystem. Zudem profitieren die Krankenkassen von den Eigenblutspenden, denn eine Eigenblutkonserve kostet rund 65 Franken weniger als Fremdblut.

 

Nachteile sind bei Eigenblutspenden und -transfusionen kaum zu befürchten. Selten treten bei der Entnahme Kreislaufprobleme auf. Manchmal kommt es nach der Spende zu einer Blutarmut, die schon bei geringen Blutverlusten während der Operation die Rücktransfusion erforderlich macht. Immerhin handelt es sich dann um das eigene Blut.

 

Informationen und Broschüren zur Eigenblutspende sind bei jedem Blutspendezentrum erhältlich.

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