Zoe Schmid (Name geändert) war rundum glücklich, nachdem sie im letzten Juli die kaufmännische Lehre mit Erfolg abgeschlossen hatte. Doch einen Monat später stand sie vor einer schwierigen Entscheidung: Der Schwangerschaftstest fiel positiv aus. «Ich konnte es kaum glauben, ich hatte einen Schock.» Die 22-Jährige weihte sofort ihre Mutter ein; diese riet zu einer Schwangerschaftsberatung.

«Schon am nächsten Tag hatte ich einen Termin», erinnert sich die junge Frau. In der Beratungsstelle konnte sie offen über ihre Ängste und Gefühle reden: «Ich wurde ernst genommen, es ging allein um meine Vorstellungen.» Nach eingehender Beratung und intensiven Gesprächen mit ihrem Freund entschied sich Zoe Schmid für einen Schwangerschaftsabbruch. «Es war eine Zeit mit vielen Hochs und Tiefs», sagt sie rückblickend.

Jede fünfte Frau in der Schweiz lässt einmal im Leben eine Schwangerschaft abbrechen. «Meist sind Verhütungspannen der Grund für eine ungewollte Schwangerschaft», erklärt Elisabeth Bammatter von der Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen Baselland. 60 Prozent aller Abtreibungen werden vorgenommen, weil die Verhütungsmittel versagt haben. Expertin Bammatter: «Dass die Pille in Verbindung mit gewissen Medikamenten oder bei Durchfall nicht wirksam ist, wissen viele Frauen nicht.» Und Zoe Schmid? Sie verhütete vor der Abtreibung mit Kondomen. Heute benutzt sie ein Hormonpflaster.

Bis 2002 waren Abtreibungen hierzulande nur erschwert möglich – verschiedene Kantone kannten sogar Verbote. Seit mit der Fristenregelung der Abbruch bis zur zwölften Schwangerschaftswoche legalisiert ist, können betroffene Frauen frei entscheiden – Abtreibungstourismus gibt es kaum noch. Wurde 1980 noch die Hälfte aller Abbrüche im Kanton Genf vorgenommen, waren es 2002 gerade noch acht Prozent. «Seit der Gesetzesänderung können sich Frauen direkt an die Kliniken oder Praxen wenden, ohne vorher ein ärztliches Gutachten einholen zu müssen», sagt Johannes Bitzer vom Universitätsspital Basel.

Die Befürchtung, dass die Fristenregelung zu mehr Abtreibungen führt, hat sich nicht bestätigt. Die jüngste Statistik aller Kantone zeigt: Die Schweiz war im Jahr 2003 mit 10'500 Abbrüchen das Land mit der niedrigsten Abortrate in Europa.

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Die Mehrheit sind keine Teenager
Von den Frauen, die im vergangenen Jahr im Kanton Zürich eine Schwangerschaft abgebrochen haben, waren 98 Prozent über 16 Jahre alt. Thomas Hüni von der Familienplanungsstelle Aarau: «Es stimmt nicht, dass vor allem Teenager ungewollt schwanger werden.»

Lara Dreher (Name geändert) war bei der Abtreibung sehr jung. Sie und ihr Freund benutzten Präservative – bis eines platzte. «Wie man ein Kondom richtig gebraucht, wusste ich nicht. In der Schule hatten wir noch nicht über Verhütung geredet», sagt die 15-Jährige. Auch zum Gespräch mit ihren Eltern fand sie nicht den Mut. «Meine Mutter sagte mir mal: ‹Wenn du schwanger bist, kannst du ausziehen.›»

Als Lara schwanger wurde, suchte sie Hilfe bei einer Frauenärztin. «Ich konnte mit ihr offen reden, und mir war schnell klar, dass ich mich für ein Kind zu jung fühle», erzählt das Mädchen. Dass ihr Freund zu ihr gehalten habe, war für Lara ganz wichtig. «Meinen Eltern erzählte ich erst ein paar Wochen später von der Abtreibung. Seither geht es mir viel besser.»

Vor allem die Zeit vor dem Schwangerschaftsabbruch ist für die betroffenen Frauen enorm belastend. Studien zeigen: Ob eine Frau wegen einer Abtreibung Schuldgefühle hat oder gar in Depressionen fällt, hängt zu einem guten Teil vom sozialen Umfeld ab. Wichtig ist auch, sich so schnell wie möglich mit der ungewollten Schwangerschaft auseinander zu setzen.

Beliebte Abtreibungspille
«Wenn die Frauen wählen können, nehmen die meisten die Abtreibungspille», sagt die Solothurner Gynäkologin Regina Widmer. Diese medikamentöse Methode kommt während der ersten sieben Wochen zur Anwendung. Die Schwangerschaft wird hormonell beendet und die Frucht mit der Blutung ausgeschieden. Regina Widmer: «Ein grosser Vorteil ist, dass sich die Frauen nicht einem chirurgischen Eingriff unterziehen müssen.»

Die Abbrüche mit der Abtreibungspille nehmen kontinuierlich zu: Im Jahr 2003 entschieden sich rund 40 Prozent der betroffenen Frauen für diese Methode. «Bei 96 Prozent der Frauen verläuft die Behandlung ohne Komplikationen», so Professor Johannes Bitzer. Für Furore sorgten in den letzten Jahren sieben durch die Abtreibungspille bedingte Todesfälle in den USA. Diese seien aber unter anderem auf eine höhere Dosierung zurückzuführen, so Bitzer. In der Schweiz sei kein Fall bekannt.

Auch Lara Dreher und Zoe Schmid wählten die Abtreibungspille. Beide waren froh, in ihrer Situation sofort handeln zu können. Die beiden jungen Frauen bereuen ihre Entscheidung nicht.

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