Carl Hirschmann : Millionärssohn

Beobachter: Macht Geld glücklich?
Carl Hirschmann: Nein. Geld ist relativ. Das emotionale Glücksempfinden hat nichts mit Geld zu tun.

Beobachter: Sie engagieren sich auch für wohltätige Zwecke. Warum?
Hirschmann
: Es macht mir Freude, mein finanzielles Glück mit anderen zu teilen. Das ist eine Selbstverständlichkeit für mich, und ich finde, das sollten alle tun, die es sich leisten können.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Beobachter: Was ist Glück für Sie?
Hirschmann
: Eine Familie: Was gibt es Schöneres, als heimzukommen zu Frau und Kindern? Ich liebe Kinder.

Beobachter: Sind Sie glücklich?
Hirschmann
: Ja und nein. Natürlich habe ich finanzielle Sicherheit, eine hohe Lebensqualität, bin gesund und muss mich um vieles nicht sorgen. Aber meine persönliche Erfüllung – eben eine Lebenspartnerin, Kinder – habe ich noch nicht gefunden.

Beobachter: Was sind Ihre Glücksmomente im Alltag?
Hirschmann
: Lachen, schöner Sex, mein Hund, Sport.

Beobachter: Der glücklichste Moment Ihres Lebens?
Hirschmann
: Sommer 1998, Frankreich wird Fussballweltmeister. Das war pures, dramatisches Glück mit Tränen vor dem Fernseher!

Marion Eberhard, 33, ist Journalistin. Tochter Sophie kam am 19. Mai 2009 in Winterthur zur Welt.

Quelle: Zsigmond Toth

Marion Eberhard: Mutter

«Das ganz grosse Glücksgefühl kam ein paar Stunden nach Sophies Geburt: pur, rein – einfach überwältigend. Dieser Glücksflash währte zwei, drei Tage lang. Ich war zwar erschöpft, aber euphorisch.

Es war einfach wunderschön. Das klingt ein bisschen pathetisch, aber es war so. Dann kam der Milcheinschuss, und es wurde etwas schwieriger. Sophie und ich müssen das mit dem Stillen noch lernen.

Aber ich bin total verliebt in dieses kleine Geschöpf. Wenn sie mich mit ihren ernsten und forschenden Augen anschaut oder mich im Schlaf mit ihren Fingerchen streichelt, dann bin ich ganz verzückt. Meinem Partner geht es genauso. Es macht mich glücklich, dass Sophie zu Hause zur Welt kommen konnte und dass wir eine tolle Hebamme haben, die uns hier, in unserem eigenen, kleinen Nest, zur Seite steht. Das ist wunderbar.»

Esther Sommer, 41, lebt in Zürich.

Quelle: Zsigmond Toth

Esther Sommer: Ex-Drogensüchtige

«Ich finde nicht, dass mein Leben verpfuscht ist. Ich hatte eine tolle Kindheit, tolle Geschwister. Ich durfte alles – vielleicht ein bisschen zu viel. In der Schule war ich laut und frech, aber gut. Ich hatte als Erste eine Lehrstelle, Floristin bei der Migros.

Als ich 17 war, verlor ich kurz hintereinander Vater und Mutter. Dann habe ich mit Freunden den Film über Christiane F. gesehen. Wir legten unsere Lehrlingslöhne zusammen und kauften ein wenig Heroin. Nach dem Lehrabbruch jobbte ich an einer Tankstelle. Eines Tages fragte mich ein Kunde, ob ich schnupfe und für ihn Heroin testen wolle. Weil er mir so gefiel, sagte ich zu. Er kam fast täglich; ich hatte immer genug Drogen. Als er dann verhaftet wurde, hatte ich plötzlich keinen Stoff mehr.

Ich hatte oft Glück. Etwa mit meinem ersten Freier. Ich musste nichts tun und hatte in 20 Minuten 200 Franken verdient. Beim zweiten wars genau gleich. Und dann wars einfach normal. Ich wurde auch nie vergewaltigt oder so. Und als mir mein Exmann Ammoniak ins Gesicht schüttete, hatte ich ebenfalls Glück: Der Polizist, der als Erster eintraf, hatte zufällig Mineralwasser dabei und wusch mir damit das Auge aus. Das rettete mein Augenlicht.

Seit eineinhalb Jahren bin ich mehr oder weniger clean. Und körperlich gesund: nicht HIV-positiv, und meine Hepatitis C hat sich von selbst geheilt. Gesundheit ist das Wichtigste. Was bringen dir Millionen, wenn du eine Leber brauchst?
Ich habe heute alles, was ich brauche. Meine IV-Rente reicht für Essen, Trinken und Zimmer. Ich bin glücklich mit meinem Leben. Abends danke ich Gott. Der Glaube hat mich mein Leben lang begleitet.

Mein grösstes Glück ist meine Hündin Xena. Sie ist seit zehn Jahren mein Lebensmittelpunkt. Irgendwann wird sie sterben; mein schwerster Tag steht mir also noch bevor. Aber daran mag ich nicht denken.»

Paul Brunner, 75, lebt in Münchenbuchsee BE.

Quelle: Zsigmond Toth

Paul Brunner: Krebspatient

«1971 wurde bei mir Krebs diagnostiziert. Es folgten sechs Wochen Bestrahlung. Monate später entdeckten die Ärzte zwei Ableger. In meinem Tagebuch hielt ich Folgendes fest:

Biel, den 3. Nov. 1972: Die Röntgenaufnahmen haben aufgedeckt, dass ich nun einen Tumor in der Lunge habe. (…) Was das heisst, wissen Mami und ich nur zu genau, und wir versuchen, uns trotzdem fröhlich zu geben. Es ist möglich, dass ihr, Christoph, Martin und Thomas, zum Zeitpunkt, in dem ihr einen Vater notwendig habt, auf mich verzichten müsst. Kürzlich las ich wieder Kurt Goetz ‹Die Verwandlung des Peterhans von Binningen›, da steht folgender Prolog:
Ich träumte, ich stand am Ende meines Weges, und der Tod kam mir entgegen.
‹Schon?› Er nickte.
‹Das war alles?›, fragte ich.
‹Das war alles, was du daraus gemacht hast.› (…)
‹Ich habe dich ein paarmal veräppelt. Ich hoffe, du bist nicht kleinlich?›
‹Ich bin in der Tat nicht kleinlich›, sagte der Tod.
‹Ich hätte gerne noch meine Memoiren geschrieben.›
‹Werden sie komisch?›
‹Du kommst auch darin vor.›
‹Gut – aber beeil dich.›
Ich muss mich also beeilen.
In Zukunft müssen wir vorerst jeden Monat, jede Woche und jeden Tag, den ich noch mit euch verbringen darf, als Gottesgeschenk hinnehmen. Aber das ist auch so, wenn man noch gesund und unbekümmert ist. Nur vergisst man das meistens.

Damals schätzten die Ärzte meine Chance, in zwei Jahren noch am Leben zu sein, auf zehn Prozent. Sechs Jahre später galt ich als geheilt und wurde auf einem Ärztekongress als medizinisches Wunder vorgeführt. Mitte der Achtziger starb einer unserer Söhne an einer ganz anderen Krebsart – hatte ich also Glück? Ich denke, es ist einfach Zufall.»

Tanja Frieden, 33, ist Profi-Snowboarderin. An den Olympischen Spielen 2006 in Turin gewann die Thunerin die Goldmedaille im Boardercross.

Quelle: Zsigmond Toth

Tanja Frieden: Snowboard-Olympiasiegerin

Beobachter: Nichts sei so kurzlebig wie der Sport, heisst es. Was ist von Ihrem Triumph von 2006 übriggeblieben?
Tanja Frieden: Mit zunehmender Distanz wird das Erlebte fast noch emotioneller. Wenn ich heute zufällig ein Bild von meinem Olympiasieg sehe, bekomme ich Hühnerhaut. Dieses totale Glücksgefühl unmittelbar nach der Zieleinfahrt, das ist immer noch stark präsent. Ein extremer Moment!

Beobachter: Können Sie ihn beschreiben?
Frieden
: Schwierig… Da ist etwas durch den Körper geflossen, das sonst nicht fliesst. Ich konnte nicht mehr aufhören zu lachen, und ich konnte einfach nicht still stehen.

Beobachter: Jene Momente lassen sich jederzeit wieder abrufen, indem Sie etwa eine TV-Aufzeichnung von damals anschauen. Lässt sich Glück überhaupt konservieren?
Frieden
: Ich habe gemerkt, dass dies bei mir durchaus funktioniert. Gleich nach dem Sieg in Turin habe ich das Erlebnis beiseitegelegt, weil ich – ganz Sportlerin – nur nach vorne schauen wollte. 2007 wurde prompt zu meinem erfolgreichsten Winter. Die letzten beiden Jahre waren dann aber von Verletzungen geprägt, da habe ich wieder mehr daran gedacht, um mich zu motivieren. Und jetzt, im Vorfeld von Olympia 2010 in Vancouver, hole ich die Erinnerungen bewusst wieder hervor. Ich schaue alte Fotos an und spüre, wie mir das Energie gibt: Das will ich noch einmal erleben!

Beobachter: Was sind Ihre Glücksmomente im Alltag?
Frieden
: Einfache, unspektakuläre Dinge: ein Spaziergang im Wald, ein guter Abend mit Freunden. Eigentlich ist es erstaunlich, wie wenig es braucht.

Beobachter: Sind Sie ein glücklicher Mensch?
Frieden
: Das Leben meint es gut mit mir. Aber natürlich bin auch ich nicht immer nur glücklich. In solchen Momenten ermuntere ich mich jeweils selber: Gönn dir etwas, was dir guttut. Erzwingen lässt sich das Glück nicht, aber wenn man offen dafür ist, findet es einen dann schon.

Jeannine Landert, 18 Jahre alt, KV-Stiftin aus Jona SG.

Quelle: Zsigmond Toth

Jeannine Landert: Frisch verliebt

«Ich bin total glücklich, denn ich bin frisch verliebt – seit zweieinhalb Monaten. Wir sind nicht zusammen, aber er weiss, was ich für ihn empfinde. Ich schwebe auf Wolke sieben, alles ist rosarot. Ich finde alles an ihm schön: sein Lächeln, seine Gestik und Mimik, wie er geht… Und wie er aussieht sowieso. Er verzaubert mich einfach. Ich muss aufpassen, dass ich die Schule nicht zu sehr vernachlässige – mit meiner Konzentration steht es momentan nicht zum Besten, weil ich immer an ihn denken muss. Das klingt zwar kitschig, aber es ist so.

Wenn man selber glücklich ist, kann man viel besser mit anderen Leuten umgehen, das ist ein schöner Nebeneffekt. Auch äussere Einflüsse wie die Wirtschaftskrise oder so stören mich momentan nicht sehr, weil ich so glücklich bin. Um meine Zukunft mache ich mir nicht gross Gedanken, ich möchte meine Lehre gut beenden und spare schon ein bisschen für später. Ich möchte dann mal heiraten, Kinder haben und ein Haus. Das klingt so 08/15-mässig, aber so stell ich mir mein persönliches Glück vor.»

Ursula Glück, 61, ist diplomierte Masseurin in Basel.

Quelle: Zsigmond Toth

Ursula Glück: Das Glück im Namen

Ursula Glück ist eine geborene «Glück». Dann heiratete sie und wurde zu Frau Flury. Doch 1989 holte sie sich ihren Geburtsnamen zurück und heisst seitdem wieder Glück, Mann und Tochter weiterhin Flury. Der Name sei eben Identifikation und gehöre zu ihr. «Durch den Namenswechsel war ich wieder ich selber.» Denn es lebe sich ausgezeichnet mit diesem Namen, «nomen est omen» stimme bei ihr voll und ganz. Sie lacht. «Es ist, als ob ich durch meinen Namen das Glück gepachtet habe.»

Seit 30 Jahren praktiziert sie Yoga und Meditation. Körper und Geist seien im Gleichgewicht, diese innere Balance mache glücklich. «Und ich bin topfit, rundum gesund, auch das ist Glück.» Ursula Glück ist überzeugt, dass sie Glück ausstrahlt. «Ich bekomme viel Sympathie, die Leute sind erfreut, wenn sie mit mir zu tun haben.» Sie sei ein glücklicher Mensch, weil sie in jeder Lage das Positive suche und voll in der Gegenwart lebe. «Man muss nicht veränderbare Situationen annehmen, wie sie sind. Je mehr man das tut, desto glücklicher ist man», ist sie überzeugt.

Aber auch kleine Alltagsdinge machten glücklich, zum Beispiel schönes Wetter oder gutes Essen, «auch mal eine Tafel Schoggi», ergänzt sie. Und lacht. Glück sei auch, selbstbestimmt zu sein, privat wie beruflich. «Das ist vielleicht das grösste Glück.»

Niklaus Brantschen, 72, ist Jesuit und Zen-Meister. Er engagiert sich nach wie vor in dem von ihm mitbegründeten Lassalle-Institut in Bad Schönbrunn ZG.

Quelle: Zsigmond Toth

Niklaus Brantschen: Meditationslehrer

Manch ein Manager, der bei Niklaus Brantschen einen Meditationskurs besucht, wünscht sich von ihm ein einfaches Rezept zum Glücklichsein. Doch Instantlösungen gibt es vom Zen-Meister aus dem Wallis keine. «Ein tiefes, inneres Glück zu erlangen, das über eine momentane Hochstimmung hinausgeht, ist anspruchsvoll und braucht viel Übung», sagt er.

Um dem Glück tatsächlich auf die Spur zu kommen, es zu erlernen, seien drei Aspekte unerlässlich. Erstens: eine gute Beziehung zu sich selber. Die Fähigkeit etwa, Bedürfnissen nach Ruhe und Genuss gerecht zu werden. «Wer nicht geniessen kann, wird bald ungeniessbar für andere und kann kein Glück empfangen.» Zweitens: «Radikal offen sein gegenüber den Menschen, die mich umgeben.» Glück, so Brantschen, sei letztlich ein anderer Begriff für Interesse – also wörtlich: «dabei sein», sich einmischen, sich auf jemanden einlassen, verbindlich sein. Drittens: nicht zufrieden sein mit der engen Sichtweise der eigenen Vorstellungen, sondern Raum lassen für das grosse Ganze. Meditation helfe, «die Luke zum breiten Horizont nicht zu schliessen». Muss man das Unglück kennen, um das wahre Glück erfahren zu können? Niklaus Brantschen antwortet mit einem Bild: «Erst nach einer Wüstenwanderung kann man eine Oase goutieren.» Will heissen: Wer Schweres durchmacht, ohne daran zu zerbrechen, wird doppelt glücklich sein.

Ohnehin glaubt der Jesuitenpater, dass sich Glück vermehrt, wenn man es teilt. «Wer für sich das Glück gefunden hat, soll es nicht zu fassen versuchen, sondern weitergeben wie ein Geschenk.»