Ihre langjährige Nachbarin war gestorben. Doch Charlotte Volgger erfuhr von ihrem Tod erst, als die Beerdigung längst vorbei war. «Dass ich nicht einmal ein Trauerkärtchen schicken konnte, hat mir sehr Leid getan», klagt die Weinfelderin. Einige Monate zuvor wäre der 54-Jährigen das nicht passiert. Bis Ende 2001 publizierte das Zivilstandsamt der 9000-Seelen-Gemeinde mit dem Einverständnis der Hinterbliebenen alle Todesfälle in der Dorfzeitung. Als diese einging bewarben sich zwei andere Zeitungsverlage als amtliche Publikationsorgane. Der Gemeinderat wollte beiden gerecht werden und inserierte doppelt die Kosten explodierten. Nun will der Gemeinderat die 4000 Franken für die «Amtlichen» pro Jahr sparen. Deshalb werden die Todesanzeigen nur noch am schwarzen Brett im Gemeindehaus ausgehängt.

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«Das ist Sparen am falschen Ort», ärgert sich Volgger. «Vor allem alte Leute wollen doch wissen, wer gestorben ist. Gerade ihnen kann man nicht zumuten, deswegen täglich ins Gemeindehaus zu pilgern.» Die Frau sammelte Unterschriften und fand mühelos 184 Mitunterzeichnende, die per Petition die Publikation der «Amtlichen» zurückfordern. Der Gemeinderat signalisiert Entgegenkommen: Er ist bereit, das Thema nach den Sommerferien nochmals zu diskutieren.

Todesanzeige als Anerkennung

Charlotte Volgger hofft auf einen Sinneswandel. Schliesslich bezahle man das Leben lang Steuern. «Es ist doch nicht zu viel verlangt, wenn die Gemeinde ihre Einwohnerinnen und Einwohner mit einer Todesanzeige verabschiedet und dafür ein paar Franken ausgibt.»

Dass die Bevölkerung sich diese Form von Service public gerne etwas kosten lässt, weiss man auch in Amriswil TG. Als die örtliche Zeitung vor einigen Jahren die Publikation der Zivilstandsnachrichten kostenpflichtig machte, verzichtete die Kleinstadt darauf. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wollten jedoch die Nachrichten über Geburten, Todesfälle und Heiraten nicht missen und forderten deren Publikation zurück mit Erfolg.

Auch bei den amtlichen Todesanzeigen steht für Zivilstandsbeamtin Nadine Dudli der Service am Bürger im Vordergrund. Pro Todesfallmeldung in der Zeitung bezahlt die Gemeinde 56 Franken. Abgerechnet wird nach dem Verursacherprinzip. Die Inseratekosten werden von der Pauschale an die Bestattungskosten abgezogen, die Amriswil den Hinterbliebenen zahlt.

Zürich setzte den Sparhebel an

Ganz anders sieht es in den Grossstädten aus: Als Zürich vor fünf Jahren die amtlichen Todesanzeigen aus Spargründen abschaffte, kamen keinerlei Reaktionen. «Die Leute kennen sich ohnehin nicht. Also interessieren sie sich auch nicht dafür, ob jemand gestorben ist», begründet ein Verantwortlicher. Allerdings werden unter dem Titel «Bestattungen» weiterhin die wichtigsten Daten über die Verstorbenen in die Zeitung gesetzt. Auch von Geburten in der Limmatstadt erfahren die Zeitungsleserinnen und -leser nicht mehr aus der Zeitung: Die Zivilstandsnachrichten wurden ebenfalls gestrichen, seitdem eine Bank sie nicht mehr sponsert.

Statt für Todesanzeigen Geld zu verlangen, haben kleinere Zeitungen deren Wert als Publikationsvorteil längst erkannt. Die Gemeinde Birsfelden zum Beispiel gibt keinen Rappen aus für das Veröffentlichen von Todesfällen. Die «Basellandschaftliche Zeitung» nimmt die amtlichen Anzeigen per Fax entgegen und druckt sie am nächsten Tag kostenlos ab.

Noch einen Schritt weiter geht das «Solothurner Tagblatt», das seit vergangenem Herbst gegen die alteingesessene «Solothurner Zeitung» Fuss zu fassen versucht. Das «Tagblatt» veröffentlicht selbst private Todesanzeigen, ohne Geld dafür zu verlangen. Das sei nahe liegend, sagt Chefredaktor Michael Hug. Wer in einer Gegend verwurzelt sei, wolle erfahren, wenn jemand im Bekanntenkreis stirbt. Todesanzeigen gehörten deshalb zu den wichtigsten Informationen in lokalen und regionalen Tageszeitungen. «Viele Leute haben die Zeitung sogar nur deswegen abonniert», ist Hug überzeugt.

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