Dieses ewige Hin und Her
Frage: Ich bin sicher, meine grosse Liebe kennengelernt zu haben, aber er kann sich einfach nicht entscheiden. Mal sagt er, ich sei die Richtige, und dann lässt er mich wieder hängen. Wie kann ich ihm helfen? Susanne G.
Veröffentlicht am 10. September 2007 - 11:28 Uhr
Überhaupt nicht. Man kann niemandem eine Entscheidung abnehmen. Entweder akzeptieren Sie seine Unsicherheit und lassen ihn in seinem eigenen Saft schmoren, bis er weiss, was er will, oder Sie beschliessen, dass Sie dieses Hin und Her nicht ertragen, und wenden sich konsequent ab.
Ich bin sicher, dass es grosse und kleinere Lieben gibt im Leben, aber dass es die einzig richtige gibt, bezweifle ich. Das ist wohl eher ein Muster, das uns Hollywood vorgaukelt: Nach vielen Verstrickungen bittet er sie, seine Frau zu werden - so endet der Film. Im wirklichen Leben beginnt jetzt die Entwicklung der Partnerschaft, die zwar einige Single-Probleme gelöst hat, aber neue Herausforderungen und Konflikte bringt.
Die wahre Liebe sucht nicht ihren Vorteil
Was ist es denn, was Paare zusammenhält: die erotische Leidenschaft und romantische Liebe oder eher Kameradschaft, Solidarität, erfolgreiches gemeinsames Familienmanagement? Oder eine optimale Mischung all dieser Faktoren? Es lässt sich nicht allgemein beantworten. Ob wir zufrieden sind, hängt nämlich nicht von objektiven äusseren Umständen ab, sondern vom Verhältnis zwischen unseren Erwartungen und dem Vorhandenen.
Wenn man sich einmal hinsetzt und aufschreibt, was man von einer Partnerschaft konkret erwartet, erkennt man nicht selten überrascht, dass man lediglich einen diffusen Wunsch nach einer Art Erlösung findet. Mit dem oder der Richtigen sollte einfach alles gut und schön werden. Natürlich kann das kein Partner erfüllen.
Ich würde zwei Dinge unterscheiden: einerseits die Liebe als Gefühl und andererseits die Aspekte einer gelingenden Partnerschaft. Die romantische Liebe ist sicher etwas vom Schönsten, was es gibt. Wenn zwischen zwei Personen diese Schwingungen entstehen, erleben Sie Momente höchsten Glücks. Selbst wenn Leute von einseitiger Liebe berichten, empfehle ich immer, sich darüber zu freuen und dankbar dafür zu sein, dass einem dieses Gefühl überhaupt geschenkt wurde. Die wahre Liebe sucht nämlich nicht ihren Vorteil, rechnet nicht und erstellt auch keine Bilanzen; gerade daran erkennt man sie.
So wunderbar das klingt, so sicher ist, dass man darauf allein keine funktionierende Partnerschaft aufbauen kann. Dazu braucht es erdnähere Faktoren: Gemeinsame Interessen, ähnliche Wertvorstellungen, Konfliktfähigkeit, Gesprächsbereitschaft, Übereinstimmung der Ziele und so fort - all dies sind wichtige Elemente für ein gelingendes Zusammenleben. Nach Jahren mögen diese Faktoren die romantischen Gefühle abgelöst haben. Manchmal wird aber auch die fortdauernde Liebe die Energie liefern, all die Alltagsprobleme zu lösen.
Die krampfhafte Suche nach einem Partner oder das Nicht-loslassen-Können in einer unbefriedigenden Beziehung ist oft auch nichts anderes als die Folge einer unbewussten Angst vor dem Alleinsein. Wer Letzteres ertragen kann, geht viel lockerer an Beziehungen heran. Nach dem Motto eines alten Schlagers: «Ich hab' geglaubt, ich kann nicht leben ohne dich - doch jetzt hab ich gemerkt, daran stirbt man nicht!»