«Die Energie ist seither weg»
Frage: Seit der Trennung von meiner früheren Freundin geht es mir sehr schlecht. Ich habe weder Energie, Interessen noch Lebensfreude – dabei ist die Trennung drei Jahre her. Ich bin wieder verheiratet, aber ich kann meiner neuen Frau nichts Positives bieten.
Veröffentlicht am 20. Januar 2009 - 08:42 Uhr
Schon um Ihre neue Beziehung nicht zu gefährden, sollten Sie etwas unternehmen. Aber auch um Ihr eigenes Leiden zu beenden. Sie sind in eine massive depressive Verstimmung geraten, die Sie behandeln lassen sollten. Am besten suchen Sie einen Psychiater auf: Sie brauchen therapeutische Gespräche, vielleicht sogar eine Weile medikamentöse Unterstützung.
Ihre depressive Stimmung ist die Folge einer unglücklich verlaufenen Trennung: Da gibt es noch einiges aufzuräumen. Wahrscheinlich wurden Sie von den Ereignissen derart überwältigt, dass Sie alle Kraft brauchten, um sich aufrechtzuhalten, und deshalb zu wenig Trauerarbeit leisten konnten. Das können Sie in einer Therapie nachholen: endlich loslassen und sich gehen lassen. Es ist wichtig, nochmals alle Gefühle der Verletztheit, der Trauer, der Enttäuschung und der Wut hervorzuholen, sie mit einer verständnisvollen Fachperson durchzustehen und danach die Trennung anders in der Erinnerung abzuspeichern, so dass Sie wieder frei werden für die neuen Chancen und Freuden Ihres Lebens.
Einen geliebten Menschen zu verlieren ist ohne Zweifel etwas vom Schmerzhaftesten, was wir im Leben ertragen müssen. Es kann der Tod sein, der uns jemanden entreisst, oder wir leiden – wie in Ihrem Fall – darunter, dass eine Beziehung zerbrochen ist. Während wir auf das Sterben wenig Einfluss haben, lässt sich eine Trennung jedoch gestalten: Sie kann fair, sogar liebevoll vollzogen werden – oder rücksichtslos und kalt.
Auch wenn nur einer der Partner auf die Trennung drängt, ist die Beziehung damit am Ende – egal, ob der andere das einsehen will oder nicht. Schmerzen lassen sich dabei nicht vermeiden, aber die Wunden, die zurückbleiben, sollten heilen können. Oft hat der Partner, der sich aktiv abwendet, der sich vielleicht sogar in jemand anderen verliebt hat, ein schlechtes Gewissen. Er erträgt es deshalb schlecht, den Verlassenen leiden zu sehen. Um Schuldgefühle zu vermeiden, sucht er die Distanz und wirkt dadurch kalt. Vielleicht hat er auch Angst, wenn er allzu freundlich sei, würde der andere wieder Hoffnung schöpfen, die Beziehung könnte weitergehen. Gerade diese Kälte und der Mangel an Einfühlung ist für den Verlassenen besonders schmerzhaft. Auch wer beschönigt oder lügt, um dem anderen Leid zu ersparen, macht einen Fehler: Es ist kränkend, wenn einem nicht zugetraut wird, dass man die Wahrheit verkraftet.
Eine Trennung lässt sich respektvoll gestalten, wenn man
- sich dankbar an gute Erlebnisse zu zweit erinnert;
- die eigenen Gefühle ehrlich schildert – und auch nicht verschweigt, wenn das Herz jetzt für jemand anderen schlägt oder dass die Liebe einfach erkaltet ist;
- Verständnis für die Gefühle des anderen zeigt, ohne aber von der eigenen Linie abzurücken;
- einander keine Vorwürfe macht;
- nicht nach Schuld oder Schuldigen sucht;
- die Notwendigkeit der Trennung wie ein Naturereignis akzeptiert;
- sich zum Abschied nochmals umarmt.
Buchtipp
Mathias Voelchert: «Trennung in Liebe… damit Freundschaft bleibt»; Kösel-Verlag, 2006, 208 Seiten, CHF 36.90