Dagmar Meier war 18, als sie auf den Hund kam. Zufällig sah sie, wie ein Mann einen Welpen «entsorgen» wollte. Meier schritt ein und rettete das Tier. Inzwischen hat sie seit fast 30 Jahren stets einen Hund an ihrer Seite.

Ihr aktuell bester Freund ist ein Rumäne. Das ist kein Zufall. Denn in östlichen und südeuropäischen Ländern wimmelt es von herrenlosen Tieren in allen Grössen und Farben. Viele sind in Tierheimen eingesperrt. Von dort kommen sie nur weg, wenn ein Mensch aus der Ferne sich in sie verliebt und sie adoptiert. Im eigenen Land haben sie kaum Chancen auf eine Adoption.

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Hinzu kommen die oft katastrophalen Zustände in diesen Heimen. Tierschützer investieren deshalb viel Herzblut, um wenigstens für einige der Vierbeiner einen Platz zu finden. Dagmar Meier ist eine von ihnen. Sie engagiert sich im Verein Vergessene Katzen in Not (VKIN), der herrenlose Hunde und Katzen aus Bulgarien vermittelt.

«Ich bekam einfach keinen Hund»

«Erst suchte ich in Schweizer Heimen einen Hund. Doch ich bekam keinen», erzählt sie. Man hatte Angst, dass sie das Tier nicht versorgen könne, falls sie verunfalle. Ihr Mann ist oft die ganze Woche abwesend. «Dabei war ich schon damals umgeben von Nachbarn, die im Notfall einspringen», sagt die Tierschützerin.

Viele Pensionierte kämpfen mit ähnlichen Problemen. Auch sie bekommen in Schweizer Heimen kaum Hunde. «Dabei hätten sie ideale Voraussetzungen. Sie können dem Tier ihre ganze Zeit widmen», sagt Yvette Höner, Vizepräsidentin des Zürcher Vereins Animal-Happyend.

«Für uns spielt das Alter keine Rolle», widerspricht Rommy Los vom Tierheim des Zürcher Tierschutzes. «Aber viele unterschätzen, wie viel Zeit ein Hund braucht. Täglich, sieben Tage die Woche.» Daher schaue man sich Interessenten jeweils sehr genau an. «Bedürfnisse von Halter und Hund müssen zueinander passen.» Deshalb schicke man sie mehrmals auf gemeinsame Spaziergänge. Erst dann entscheide das Team.

Wenig Hunde in Schweizer Heimen

In Schweizer Tierheimen ist die Auswahl an Hunden begrenzt. Aktuell warten in Zürich nur gerade acht auf neue Besitzer. Die Zeiten, in denen die Vierbeiner im Stich gelassen wurden, scheinen in der Schweiz vorbei. Aus diesem Grund importieren manche Heime Hunde aus dem Ausland.

Viele Tierorganisationen beschränken sich nicht auf die Vermittlung von Tieren in die Schweiz. Animal-Happyend etwa leistet vor Ort auch Aufklärungsarbeit und führt Kastrationsprogramme durch. So lasse sich die Zahl der verwilderten Hunde auf humane Art unter Kontrolle bringen.

Wenn ehemalige Streuner in die Schweiz kommen, machen die wenigsten Probleme – den vielen Vorurteilen zum Trotz. «Natürlich ticken sie anders, als wenn sie von einem Schweizer Züchter kommen», sagt Danae Schwegler. Rund die Hälfte der 80 Hunde, mit denen sie als Trainerin gearbeitet hat, stammt aus dem Ausland. «Sie haben gelernt, auf der Strasse zu überleben, und sind deshalb nicht wirklich vom Menschen abhängig.» Anders sei das nur bei Tieren, die als Welpen in die Schweiz kamen.

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Wer sich einen Hund, eine Katze, oder ein Pferd anschafft, muss wissen, dass damit auch Pflichten einhergehen. Beobachter-Mitglieder erfahren, was mit einem Haustier auf sie zukommt, wie sie als Tierhalter haften und wie es mit der Bewilligungspflicht des Vermieters zur Haltung von Haustieren in Mietwohnungen aussieht.

Das sei nicht nur negativ. Es könne sogar zu einer «genialen Beziehung» zwischen Mensch und Tier führen. «Aber man muss das bei diesen Hunden stets beachten. Und ihnen Sicherheit und eine klare Führung geben.»

Auch Hundebetreuerin Sabrina Lerf aus Volketswil ZH sieht keine unüberbrückbaren Probleme. Die vierbeinigen Einwanderer seien im Umgang mit anderen Hunden unkompliziert. «Das ist für mich besonders wichtig, weil ich immer mehrere Tiere miteinander ausführe.» Manche seien aber schnell überfordert durch die neue Umgebung, reagierten ängstlich auf unbekannte Geräusche und fremde Menschen.

Tierschutz: Wer engagiert sich wo?

In vielen europäischen Ländern werden Strassenhunde mehr oder weniger brutal eingefangen und in staatliche Einrichtungen gepfercht. Auslauf gibt es nicht, Futter und Wasser unregelmässig. Oder sie landen wie in Spanien oder Rumänien direkt in Tötungsstationen. Viele Tierschutzorganisationen betreiben deshalb vor Ort eigene Tierheime und nehmen herrenlose Hunde auf. Auch um sie an verantwortungsvolle Halter zu vermitteln. Eine kleine Auswahl von Adressen:

«Es braucht sehr, sehr viel Geduld»

Viele der Immigranten sind anfänglich auch nicht stubenrein und können kaum an der Leine gehen. Einige Vermittler geben sie deshalb vor der definitiven Vermittlung in eine Pflegefamilie. Dort haben sie genügend Zeit, sich an das Leben in der Schweiz zu gewöhnen. Denn gestresst sind sie nach der Ankunft alle.

«Ich war damals bei meinem Hund aus Rumänien nicht wirklich vorbereitet auf diese Probleme», sagt Halterin Dagmar Meier. Daher versucht sie, es besser zu machen. Bereits bei der Vorabklärung von Interessenten weise sie stets auf die Schwierigkeiten in der Anfangszeit hin und betone, dass man «sehr, sehr viel Geduld» braucht. «Wenn es einmal aber gar nicht gehen sollte, nimmt ein seriöser Verein den Hund selbstverständlich wieder zurück.» Das sei glücklicherweise nur selten der Fall, berichten die Vereine übereinstimmend.

Die Kunden kaufen den Hund quasi im Sack. Ein Foto und eine kurze Charaktereinschätzung müssen genügen, um unter Tausenden den Richtigen zu finden. Selbst wenn die Beschreibung zutrifft, ist aber unsicher, ob der Hund sein Verhalten nicht ändert. Denn in der Heimat leben die Tiere immer unter vielen Artgenossen und mit wenig Kontakt zu Menschen. In der Schweiz erwartet sie häufig genau das Gegenteil.

Doch Hunde leben sich meist in wenigen Wochen gut ein. Yvette Höner von Animal-Happyend sagt: «Sogar wir staunen immer wieder, wie schnell sie sich in ihrem neuen Zuhause einleben und anpassen.»

So wird ein Tier seriös vermittelt
  • Der Hund wird nur nach einer Vorkontrolle und einem Vorgespräch beim Halter vermittelt.
  • Es wird nicht ans Mitleid, sondern an die Verantwortung als Hundehalter appelliert.
  • Über den Gesundheitszustand des Tieres wird ehrlich informiert.
  • Hunde werden nur mit Schutzvertrag abgegeben: Der Verein nimmt das Tier bei (unlösbaren) Problemen auf Lebenszeit zurück, und der Hund darf nicht ohne Einwilligung weitergegeben werden.
  • Vermittelte Hunde sind kastriert oder sterilisiert (Ausnahme: alte Tiere und Welpen) und von Parasiten befreit, geimpft und gechippt.
  • Vereinsmitglieder stehen für Fragen zur Verfügung. Manche Vereine machen nach einigen Wochen eine Nachkontrolle vor Ort.