Was kostet Tierliebe?
Tierhalter können kaum herausfinden, ob ein Veterinär teuer oder günstig ist. Die Preistransparenz fehlt.
Veröffentlicht am 20. November 2006 - 08:58 Uhr
Tierärzte sprechen ungern über ihre Preise. Das zeigt eine Beobachter-Stichprobe bei 20 Kleintierpraxen. Lediglich acht Veterinärmediziner gaben Auskunft über ihre Tarife. Bei medizinischen Leistungen seien nicht die Kosten wichtig, sondern das Vertrauen, argumentierten viele.
Die Stichprobe machte auch klar, wie schwer es für Laien ist, die Tierarztleistungen miteinander zu vergleichen: Für die Kastration einer Katze verlangen Veterinäre zwischen 158 und 200 Franken, mal mit, mal ohne Nachbehandlung. Eine Konsultation kostet zwischen 36 und 50 Franken, eine Dreifach-Impfung zwischen 77 und 92 Franken. Manchmal ist bei beiden das Ohrenputzen dabei, manchmal nicht.
In der Schweiz ist kein Tierarzt verpflichtet, seine Tarife bekannt zu geben. Die Preisbekanntgabeverordnung gilt für Zahnärzte oder Taxifahrer, nicht aber für Veterinäre.
Die Tierärztin reagierte säuerlich
Diese Erfahrung machte Eva Kling (Name geändert), als sie ihre Katze notfallmässig wegen eines Schwanzbisses behandeln lassen musste: «Als ich mich nach dem Preis erkundigte, reagierte die Tierärztin säuerlich. Sie fand mich herzlos.» 309 Franken musste die Zürcherin für die Operation bezahlen. War das viel oder wenig? Kling fühlt sich ohnmächtig: «Ohne Vergleichsmöglichkeit weiss ich nicht, ob ich mit meinem Haustier zu einem teuren oder einem günstigen Tierarzt gehe.»
Diesen Missstand wollte die Gesellschaft Schweizer Tierärzte (GST) vor einem Jahr aus der Welt schaffen: Der Verband plante ein Taxpunktwertsystem, so wie es die Zahnärzte anwenden. Die Taxpunktanzahl für eine Leistung hätte der Verband vorgegeben, mit der Taxpunkthöhe hätte der Veterinär sein Preisniveau festgelegt. «An diesem System hätten sich junge Tierärzte, Tierversicherungen und Konsumenten orientieren können. Es lässt Konkurrenz zu und ist transparent», sagt Christophe Darbellay, Präsident der GST und CVP-Parteipräsident.
Glückstreffer im Telefonbuch
Doch die Wettbewerbskommission (Weko) pfiff den Verband zurück: «Die Kalkulationshilfen könnten den Wettbewerb zwischen den Tierärzten negativ beeinflussen», sagt Frank Stüssi von der Weko. Seine Befürchtung: Die Veterinäre könnten mit Verbandstarifen ihre Preise künstlich hochhalten. «Es braucht Transparenz, aber nicht durch allfällige Preisabsprachen.»
Für die GST ist die Haltung der Weko unverständlich: «Wir wollen keine Absprachen, sondern einen Preisrahmen. Momentan dürfen wir untereinander überhaupt nicht über unsere Tarife sprechen, das ist sehr unbefriedigend», so Darbellay.
Auch Jacqueline Bachmann von der Stiftung für Konsumentenschutz versteht das Veto der Weko nicht: «Ein Taxpunktsystem wie bei den Zahnärzten würde Transparenz schaffen.»
Wieso ist das bei den Tierärzten verboten? Dazu Stüssi von der Weko: «Bei den Zahnärzten wurde das Tarifsystem im Zusammenhang mit den gesetzlich geregelten Sozialversicherungstarifen eingeführt, da kann die Weko praktisch nur bei den Taxpunktwerten für Privatpatienten eingreifen.» Bei den Tierärzten aber kommt das Kartellgesetz voll zum Tragen. Dort kann die Weko vollumfänglich gegen Preisabsprachen vorgehen.
Die GST gibt nicht auf: Sie wird mit einem neuen Vorstoss an die Weko gelangen. «Tierarztpreise dürfen kein Tabu bleiben», so Darbellay.
Bis es so weit ist, sind günstige Tarife Glückssache. Christoph Grünewald wählte für seinen Hund Babur einen Tierarzt aus dem Telefonbuch: «Der Arzt ist selber Hundehalter, hat immer Zeit und moderate Preise.» Letzteres erfuhr Grünewald erst im Nachhinein: «In der Hundeschule verglichen wir die Preise. Ich hörte von horrenden Tarifen. Bei der Auswahl unseres Tierarztes hatte ich einfach Glück.»