Kleider machen junge Leute
«Ich bin, was ich trage» - so lautet in etwa das Motto vieler Teenager. Modefragen gehören zur Identitätsbildung, können aber schnell zu einem übertriebenen Körperkult führen. Wie sollen sich Eltern verhalten?
Veröffentlicht am 4. Februar 2008 - 16:33 Uhr
«Dazu hast du kein Recht!», herrschte die 16-Jährige ihre Mutter an. Diese hatte eben ihre Jeans gewaschen. Ein Übergriff in die Privatsphäre der Tochter? Nun, aus ihrer Sicht bestimmt. Eine andere Hose anziehen? Kam nicht in Frage. Im Schrank stapelten sich ausschliesslich «untragbare» Kleider. «Sieht alles voll peinlich aus.» Wer hier der Meinung ist, gründliches Durchgreifen hätte die junge Frau zur Vernunft gebracht, hat keine Ahnung - oder zumindest keine Tochter in der Pubertät.
Wenn es um Kleider geht, schwören viele Teenager kompromisslos auf aktuelle Modetrends. Vor allem Mädchen. Falls Sie eine Tochter haben, kennen Sie bestimmt auch die leidige Markendiskussion - und haben sich schon mehr als einmal gefragt, warum Sie für ein bestimmtes Fabrikat unverschämt viel Geld hinlegen sollen. In solchen Fällen kann ein Kleiderbudget Wunder wirken: Ist die Markenhose teurer als das gleichwertige No-Name-Produkt, muss die Tochter die Differenz vom Taschengeld bezahlen.
Aber was, wenn ein Mädchen nicht nur die Grenzen des Budgets überschreitet, sondern auch die des guten Geschmacks, beispielsweise mit stark sexualisierter Kleidung? Auch hier dürfen Eltern und Lehrpersonen ihre Meinung sagen, gegebenenfalls ein Outfit verbieten. Riskieren Sie ruhig mal einen Streit. Auch wenn die Tochter es niemals zugeben wird: Sie wird es Ihnen nicht übelnehmen - im Gegenteil. Vielleicht ist ihr in dem superknappen Shirt selber nicht wohl, sie kann sich aber dem Druck ihrer Clique nicht widersetzen. Was für eine Entlastung, wenn sie dort erbost berichten kann, sie selbst hätte ja gerne gewollt, aber ihre strengen, altmodischen Eltern...
Wenn Schlanksein zum Problem wird
Eine eigene Identität zu entwickeln ist heute für alle Jugendlichen schwierig. Es sind vor allem die Mädchen, die sich stark über ihr Aussehen definieren - und sich auch oft an Stars orientieren, die einen extremen Körperkult betreiben.
Schönheitsidealen nachzueifern birgt aber Gefahren: Die einseitige Fokussierung auf das Äussere kann dazu führen, dass andere Qualitäten und Fähigkeiten an Wertschätzung verlieren - etwa Kreativität, schulische Leistungen oder ein liebenswürdiger Charakter. Manche erklären den Körperkult gar zum ganz persönlichen Lebensinhalt. Mit extremen Mitteln versuchen sie, ihrem Ideal zu entsprechen - so sind ein bis drei Prozent der weiblichen Jugendlichen von Bulimie und Magersucht betroffen, auch immer jüngere. Achten Sie darauf, dass die Kleidergrösse - und damit die Figur - nicht zum Mass aller Dinge wird. Sprechen Sie darüber, was noch als schlank gilt und wo Untergewicht beginnt: Ausbleiben der Regel, Schwächeanfälle, brüchige Nägel und Haare sind nur einige der Folgen.
Übrigens: Falls Sie selber in trendigen Kleidern, die eigentlich für Jugendliche designt sind, eine gute Figur machen, mag Sie das mit Stolz erfüllen. Ihre heranwachsenden Teenager allerdings nicht unbedingt; junge Menschen wollen sich von Erwachsenen sichtbar abgrenzen.