Bei der Geburt wog Olea 400 Gramm. Sie war zu klein, um zu leben. Am gleichen Tag es war der 20. Februar dieses Jahres ist sie gestorben. Die Eltern, Felicitas von Büren und Andreas Sommerhalder, liessen den kleinen Körper im Krematorium Hörnli in Riehen BS einäschern und wollten Abschied nehmen. Doch dann begann ein langer Leidensweg.

Nach der Kremation erhielten die Eltern eine plombierte Urne. Es war keine Urne für Kinder, sondern eine für Erwachsene. «Wir hatten das Bedürfnis, in die Urne zu schauen», sagt Andreas Sommerhalder, «aber was wir sahen, hat uns schockiert.» In der Urne war nicht nur Asche, es befanden sich auch Knochenreste darin. Das ist zwar nicht unüblich. Erschreckt hat die Eltern aber, dass es sich dabei eindeutig um Knochen eines erwachsenen Menschen handelte. «Wir waren verzweifelt», sagt Sommerhalder schliesslich wollte er mit seiner Freundin nur die eigene Tochter beisetzen und nicht noch die Überreste einer fremden Person.

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Das hiess: Die grossen und die kleinen Knochen mussten so gut als möglich getrennt werden. Dafür setzte sich Sommerhalder mit dem Krematorium in Verbindung. Dort erhielt er aber nicht die erhoffte Hilfe. «Wir haben den Eltern offeriert, dass sie bei uns in einem pietätvollen Rahmen den Inhalt selber trennen können», sagt Rita Wirz, Leiterin des Bestattungsamts Basel-Stadt. Was in der Urne bleibt und was nicht, hätten die Eltern selber entscheiden müssen. «Wenn die Plombierung entfernt ist, können wir für den Inhalt der Urne keine Verantwortung mehr übernehmen.» So stehe es in der Friedhofsverordnung. Unterstellt sie denn den Eltern, fremde Knochen in die Urne gelegt zu haben? «Wir wissen nicht, was mit der Urne geschah», sagt Wirz. Sie könne aber mit 99,9-prozentiger Sicherheit ausschliessen, dass von der vorgängigen Einäscherung Material im Ofen verbleibe.

In seiner Verzweiflung bat Andreas Sommerhalder einen befreundeten Arzt um Hilfe. Dieser bestätigte gegenüber dem Beobachter: «Ich bin nicht Experte, aber in dieser Urne befinden sich ganz sicher Knochen einer erwachsenen Person.» Doch auch er wollte die Knochen nicht trennen. Sommerhalder versuchte es bei der Gerichtsmedizin ohne Erfolg. «Dafür muss eine Strafanzeige vorliegen», lautete die Antwort.

In der Stadt Zürich würde ein solches Problem anders angegangen, sagt Marianne Herold, Co-Leiterin des Bestattungs- und Friedhofsamts. Sie weiss, dass es besonders viel Feingefühl braucht, wenn Eltern ihr Kind verlieren. «An erster Stelle sollte in einem solchen Fall das Seelenheil der Eltern stehen.» Ihre Botschaft ist klar: Rita Wirz hätte sich der Eltern annehmen und mit ihnen eine Lösung finden müssen. «Die Eltern sollten von ihrem verstorbenen Kind so rasch wie möglich Abschied nehmen können, sonst finden sie nie Ruhe.»

Zur Ruhe sind sie nun nach fast fünf Monaten doch noch gekommen. Der Beobachter hat am Unispital Basel einen Arzt gefunden, der nicht genannt werden möchte und den Fall unkompliziert gelöst hat. Andreas Sommerhalder und Felicitas von Büren sind erleichtert: «Der Arzt war sehr freundlich, verschwand mit seinem Assistenten in einem Zimmer, um die Urne zu untersuchen. Nach wenigen Minuten hatten sie die Knochen getrennt.» Ein Protokoll wurde aufgesetzt und von allen Anwesenden unterzeichnet. «Ich betrachte das als einen ärztlichen Dienst und habe das aus rein humanitären Gründen getan», sagt der Mediziner. Auch er sieht es als «sehr, sehr unwahrscheinlich» an, dass die grossen Knochen von einem Kind stammen.

Nun endlich kann Olea begraben werden, die Eltern können trauern und sich verabschieden. Die fremden Knochen werden in einem anonymen Grab bestattet.

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