Als sich ihr erstes Kind ankündigte, herrschte bei der 28-jährigen Nicole Schmid (Name geändert) aus Zürich sorgenfreie Freude, «schliesslich gab es in meiner Familie keine Erbkrankheiten, und ich selbst lebte sehr gesund». Trotzdem machte ihre Gynäkologin bei jeder Kontrolle eine Ultraschalluntersuchung. Als Schmid nachfragte, erhielt sie zur Antwort: «Sie wollen doch ganz sicher sein, dass alles in Ordnung ist.» Mit der gleichen Begründung drängte die Ärztin der Schwangeren zudem eine Fruchtwasserpunktion auf – ohne zuvor das Risiko für ein behindertes Kind ermittelt zu haben.

«Der Eingriff und das lange Warten auf das Ergebnis waren furchtbar», sagt Nicole Schmid. Die 800 Franken für den Test musste sie aus der eigenen Tasche zahlen, weil keine eindeutige Indikation vorlag. So blieb ihr letztlich nur der Hinweis, dass sie «ziemlich sicher» ein gesundes Kind zur Welt bringen werde. «Das Ganze hätte ich mir wirklich sparen können», ärgert sich die junge Mutter.

Zur Kostenbeteiligung verpflichtet
Nicole Schmids Fall ist bezeichnend für den Trend, aus normalen Schwangerschaften Risikoschwangerschaften zu machen. Und die können rasch ins Geld gehen: Laut Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts sind die betroffenen Frauen bei Komplikationen zur Kostenbeteiligung verpflichtet. Das sind seit Anfang Jahr mindestens 300 Franken Franchise sowie maximal 800 Franken Selbstbehalt.

Noch teurer wirds, wenn umstritten ist, ob es sich um eine Risikoschwangerschaft handelt. «Dann müssen die Frauen die Kosten für vorgeburtliche Tests selbst übernehmen», sagt Judith Pok, Gynäkologin am Universitätsspital Zürich. Die Nachfrage sei gross, «denn der Wunsch, gesunde Nachkommen zu haben, ist ein legitimes Bedürfnis, dem wir Ärzte mit den Mitteln der pränatalen Diagnostik nachkommen».

Doch ebenso gross ist das Missbrauchspotenzial. «Nicht selten wird der Stempel ‹Risikoschwangerschaft› hervorgeholt, um weitere Tests und Untersuchungen bei der Krankenkasse zu begründen», sagt Monnika Rothacher, die schwangere Frauen bei der unabhängigen Beratungsstelle Appella zum Thema «pränatale Diagnostik» aufklärt. Helsana-Sprecher Christian Beusch rät schwangeren Frauen deshalb, «den Arzt oder die Ärztin vermehrt nach der Notwendigkeit einer Untersuchung zu fragen».

Eine kritische Haltung ist aber nicht nur aus Kostengründen gefragt. «Vorgeburtliche Untersuchungen können stark verunsichern und zu grossen ethischen Konflikten führen», warnt Fachfrau Monnika Rothacher. Deshalb sollte jeder Entscheid für zusätzliche Tests mit unabhängigen Fachleuten besprochen werden.

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