Bogenschiessen: Ins «Gelbe» getroffenEs war der Schwager. Daniel Bürckli nämlich hat Guido Schnider eines Tages den Bogen in die Hand gedrückt und gesagt: «Versuchs mal!» Schnider versuchte. Das Resultat erwies sich als Volltreffer - im wahrsten Sinn des Wortes. Dreimal schoss Schnider den Pfeil «ins Gelbe», wie er sagt, will heissen, in den innersten Kreis der Zielscheibe. Da wusste er: «Das ist mein Sport.»Eber heisst der kleine, zu Passugg GR gehörende Weiler, wo Schniders ihr Haus haben. Einsam an einer steilen Bergflanke gelegen, bietet das bewaldete Gelände ideale Voraussetzungen für das Bogenschiessen, dem schon längst die ganze Familie verfallen ist: die drei Töchter Jasmin, Kerstin und Josefine ebenso wie Ehefrau Jeannette: «Es ist ein Sport für die ganze Familie, alle können mitmachen, und er findet in der freien Natur statt.»Über freie Natur verfügen die Schniders an ihrem Wohnort reichlich, was sie dazu nutzen, so genannte 3-D-Turniere zu veranstalten: Die Schützen schiessen auf Tiermodelle aus Kautschuk, die im Gelände aufgestellt sind. Familie Schnider hat bereits fünf solche Turniere organisiert. Sie haben den Ruf, besonders abwechslungsreich zu sein und originelle Schusssituationen zu bieten. 140 Bogenschützen - der jüngste war 5, der älteste 75 - rückten denn auch Ende April in Passugg an. Ein mentaler Sport sei es, sagt Vater Schnider: «Wenn du an dir zweifelst, ist es vorbei.» Tochter Kerstin, 19, schätzt die Entspannung, die sich beim Schiessen einstellt, Jasmin, mit 23 Jahren die Älteste, findet es toll, dass man neue Leute kennen lernt. Alle drei Töchter praktizieren das Bogenschiessen - zu Beginn angeleitet von ihren Eltern - seit ihrem fünften Lebensjahr. Josefine, mit 17 Jahren die Jüngste, nimmt auch an Europa- und Weltmeisterschaften der Junioren teil.Das Umfeld der Töchter nimmt das aussergewöhnliche Hobby teils mit Verwunderung zur Kenntnis. «Da wir Frauen sind, ist das Erstaunen der Leute umso grösser», sagt Jasmin. Doch das kümmert die drei nicht: «Der Sport gehört zu unserer Kindheit und zu unserer Familiengeschichte. Wir werden ihn nicht aufgeben», sagt Kerstin.

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Motorräder: Benzin in den Adern In weitem Bogen spritzt der Kies unter dem Hinterreifen weg, wenn der 50-jährige Peter Frei mit seiner Maschine Gas gibt. Der Motor heult auf, eine Unterhaltung ist bei 96 Dezibel nicht möglich. In vollem Tempo brettert er vor seiner Werkstatt in Zuzwil SG auf und ab. Das eiserne Pferd fest im Griff, wenn das Vorderrad in der Luft leer dreht. Atemlos steigt er von der KTM, streicht über den Sattel. «Einen Töff musst du mit den Beinen, nicht mit den Armen lenken», sagt er. Ihn zu beherrschen, das ist für Frei Höchstgefühl. Vier solche Flitzer stehen bei der Familie in der Werkstatt. Alle Maschinen haben er und seine Söhne Stefan, 23, und Daniel, 22, komplett umgebaut, den Zylinderkopf bearbeitet, die Federbeine angepasst, die Motorradübersetzung verändert. 160 Sachen schnell fahren die Maschinen. Schliesslich wollen Vater und Söhne an den Supermotard-Rennen vorne dabei sein. «Sponsoren suchen wir noch», sagt Vater Frei. Sohn Urs ist beim Töfflifrisieren geblieben. An der letzten Schweizer Meisterschaft hat es der 19-Jährige mit dem Puch Maxi immerhin auf den fünften Tagesrang gebracht. «Die Supermotard-Rennen sind mir zu schlammig», sagt Urs. Davon kann Mutter Ruth Frei ein Lied singen. Die zentimeterdicken Krusten auf den Schutzanzügen entfernen die Jungs zwar selber, bei den allabendlichen Tüfteleien fällt jedoch ein Haufen ölverschmierte Wäsche an. Das ginge ja noch, aber am Tisch dreht sich das Gespräch nur um ein Thema - die Motorräder. «Ich giesse lieber Blumen, als dass ich mir Fachwissen über Töffmotoren aneigne», meint die 46-Jährige. Trotzdem ist sie an den Rennen dabei, leidet und fiebert mit. Vor allem bei den Starts, an denen es manchmal zu Massenstürzen kommt, stockt ihr jeweils der Atem. Unberechtigt ist die Angst nicht: Stefans Arm ruht in der Schlinge, weil er mit der KTM umgekippt ist und sich den Ellbogen ausgekugelt hat. «Meine Söhne haben sich einfach nicht für Fussball interessiert», meint Peter Frei unschuldig. Auch er wurde schon als kleiner Junge vom Vater, heute 95, im Seitenwagen mitgenommen. Die Infektionsgefahr ist bei diesem Virus offensichtlich hoch - nur die weiblichen Familienmitglieder scheinen immun zu sein.


Volksmusik: Aufeinander eingestimmt Es mag an den schroffen Felswänden im bündnerischen Alvaneu liegen, dass die Familie Kollegger über ein unerschütterliches Urvertrauen verfügt, das sich auch in ihrer Musik widerspiegelt. Wenn die Familie zur Polka oder Mazurka aufspielt, befällt den Zuhörer eine Mischung aus Ruhe und Sehnsucht, die er schon längst verloren glaubte. Vielleicht überkommt ihn das Gefühl auch, weil in der Musik eine Übereinstimmung spürbar ist, die nur einer Familie eigen ist. Sobald der 47-jährige Martin Kollegger mit dem Akkordeon das Tempo verändert, gehen die Geschwister und der 81-jährige Vater Heiri Kollegger mit. «Ja nicht zu viel denken, einfach spielen», verrät die 35-jährige Bernadette Kollegger. Stücklänge, Melodieführung und Soloeinlagen - das passiert während des Auftritts, einfach so. Die acht Familienmitglieder kennen voneinander die Mätzchen und Eigenheiten, nicht nur beim Musizieren. Musiziert haben Vater und Kinder schon früh zum Zeitvertreib. Was die Kinder nicht in der Dorfmusik lernten, brachten sie sich selber bei. Heute spielen alle zusammen über 30 Instrumente, jeder mindestens zwei: Neben den typischen wie der Bassgeige, der Klarinette oder dem Schwyzerörgeli musizieren sie auch mit Glockenspiel, dem Flaschenklavier oder der Singenden Säge. Die japanischen oder amerikanischen Touristen haben jeweils ihre helle Freude, wenn Beat im Kopfstand das Alphorn bläst oder Thomas mit Schwingbesen und Kiste den Takt schlägt. Wenn es ihre Zeit zulässt, spielen die Enkel Raphael Frey, 16, auf dem Horn und Simon Kollegger, 14, auf der Klarinette mit. Raphael komponiert bereits Stücke für die Familienkapelle. «Es wäre schon schön, wenn die Huusmusig auch in den nächsten Generationen Bestand hätte», sagt Heiri Kollegger. Sein Arbeitszimmer in Alvaneu ist vollgestopft mit Noten sowie Bildern und Büchern über die Familie. Manchmal hilft er Sohn Beat in der gegenüberliegenden Instrumentenwerkstatt. Der 46-Jährige hat sich auf den Bau von Schwyzerörgeli spezialisiert. Nur Mondholz - an bestimmten Wintertagen und bei abnehmendem Mond geschlagen - ist für die Instrumente gut genug. Es ist jenes Holz, das auf dem dünnen Humus an den Felswänden des Bündnerlandes gewachsen ist.


Zirkusfamilie: Spagat zwischen Privat- und ZirkuslebenDer Geruch von Holzspänen liegt in der Luft. Zurufe der Arbeiter sind zu hören. Niedergetretenes Gras führt am Zirkuszelt vorbei zum Wohnwagen der zwei Muntwyler-Buben. Durch eine schmale Tür tritt man ein. Die Playstation steht in der Ecke, die Kleider sind in Kästchen verstaut, die Bücher stapeln sich unter den Betten.

Ein paar Schritte sind es zur Schule im nächsten Wagen. Vier Stunden studieren die Kinder am Morgen Vokabeln und Zahlen. Um drei Uhr beginnt die erste Vorstellung, nach acht die zweite. Dazwischen Schulstoff büffeln, Nummern proben oder mit den Artisten lümmeln. Ob er mit einer normalen Familie tauschen möchte? Der zwölfjährige Tobias zuckt mit den Schultern. «Ich weiss nicht. Ich kenne es gar nicht anders.» Die Buben sind eingebunden in den Rhythmus des Zirkus Monti, den ihre Grosseltern gründeten. Es ist ein Leben in zwei Welten: Die bewundernden Blicke, die sie in der Manege ernten, einerseits, die raren Rückzugsmöglichkeiten anderseits.

Nun ist es 22 Jahre her, dass der Mann von Hildegard Muntwyler, 70, die Idee zum eigenen Zirkus hatte. Sie war dagegen - am Anfang. Doch Freunde überzeugten sie schliesslich. Heute beschäftigt die Familie 60 Leute und ist mit 110 Fahrzeugen unterwegs. Seit dem Tod ihres Mannes führt Hildegard Muntwyler mit Sohn Johannes, 41, und seiner Frau Sylvia, 43, den Betrieb.

Bei Vorstellungen begrüsst die Mitgründerin jeden Gast vor dem Zelteingang. Derweil wirft Johannes Muntwyler hinter der Manege dem neunjährigen Sohn Mario die Keulen zu. Mario nimmt es locker. «Du, willst du dich erst nach dem Auftritt aufwärmen?», rügt ihn sein Vater. Schliesslich der Tusch des Orchesters: Die beiden laufen ins Rund vor die gereckten Hälse. Kaum hat Mario die letzte geworfene Keule in der Hand, wirft er dem Vater einen prüfenden Blick zu. Der ist zufrieden. Erst dann schaut Mario zum Publikum auf, um den Applaus entgegenzunehmen. Seine Augen leuchten. Gleich darauf wird Tobias mit dem Diabolo auftreten. Sohn Nicola, 3, bleibt dem Publikum noch verborgen. «Gezwungen wird niemand, aber sobald Nicola möchte und fähig ist, darf er auftreten», sagt Johannes Muntwyler. Nun muss er sich beeilen. Die Mitarbeiter warten auf Anweisungen für einen Privatanlass.