Eine Partei, zwei entgegengesetzte Meinungen: Aus feministischen Gründen wollen SP-Nationalrätinnen – vorab aus der Deutschschweiz – die Witwenrente in der heutigen Form abschaffen. Ebenfalls aus feministischen Gründen wollen ihre Genossinnen – vorab aus der Romandie – die Witwenrente in der heutigen Form beibehalten.

Auslöser des Disputs ist die 11. AHV-Revision, deren Hauptziele die Konsolidierung der finanziellen Mittel sowie die Flexibilisierung des Rentenalters sind. Dafür braucht es Geld – und das soll durch den Abbau bei der Witwenrente hereinkommen. Geschätzter jährlicher Spareffekt: 786 Millionen Franken.

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Geht es nach dem Willen des Bundesrats, sollen Witwen künftig nicht mehr besser gestellt sein als Witwer. Männer wie Frauen würden somit nur noch in drei Fällen eine Rente erhalten: 

  • wenn ihre Kinder unter 18-jährig sind,
  • wenn sie selbst bei vollendetem 18. Altersjahr des jüngsten Kindes mindestens 50 Jahre alt sind,
  • wenn sie bereits im ordentlichen Rentenalter stehen.

«Dem geplanten massiven Rentenabbau auf Kosten der Frauen können wir auf keinen Fall zustimmen», sagt die Neuenburger SP-Nationalrätin Valérie Garbani. Und ihre Genfer Parteikollegin Liliane Maury Pasquier doppelt nach: «Sieben von zehn Frauen werden mit der neuen Regelung ihren Anspruch auf eine Witwenrente verlieren. Wäre die Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft realisiert, könnten wir uns vielleicht eine Abschaffung vorstellen, aber so macht sie absolut keinen Sinn.»

Gleich tönt es beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund. Für Frauen, die sich nach der Verwitwung wieder eine Stelle suchen müssten, seien die Chancen auf dem Arbeitsmarkt minim. Zudem fänden Wiedereinsteigerinnen oft nur schlecht bezahlte Jobs und würden somit in soziale Not getrieben.

«Überholtes Ernährermodell»
Den Vorwurf, dass Frauen durch die geplanten Neuerungen in soziale Not getrieben würden, lässt die Winterthurer SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr nicht gelten. Die Witwenrente gehe auf ein «überholtes Ernährermodell» zurück, von dem sich endlich auch die Gewerkschaften verabschieden sollten, kritisiert Fehr. «Mit unserem Vorschlag werden gewisse Frauen, die jetzt noch einen Anspruch auf die Rente haben, ihren Anspruch verlieren – zum Beispiel jüngere Witwen ohne Kinder. Aber es ist für uns kein gleichstellungspolitisches Anliegen, dass diese Frauen eine Rente erhalten.»

Was für Jacqueline Fehr ein ideales Pfand im Verhandlungspoker rund um die 11. AHV-Revision darstellt, ist für die Kritikerinnen des neuen Modells ein unannehmbares «Bauernopfer», mit dem die Kosten der Flexibilisierung der Altersrente finanziert werden sollen.

Fragt sich, welche Position mehrheitsfähig sein wird. Bis nächsten Frühling muss sich die SP-Fraktion entscheiden, denn dann kommt die 11. AHV-Revision voraussichtlich in den Nationalrat. Die Neuenburger Genossin Valérie Garbani bezieht schon jetzt klar Position: «Eine Abschaffung kommt nicht in Frage, denn Frauen leben nicht allein von der feministischen Theorie.»