Viele alte Menschen verzichten trotz Anspruch auf Hilfe vom Staat
In der Schweiz sind rund 300’000 Menschen über 65 armutsgefährdet. Doch längst nicht alle erhalten Ergänzungsleistungen.
Veröffentlicht am 11. November 2022 - 13:49 Uhr
Ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung über 65 Jahren ist von Armut betroffen oder gefährdet. Zu diesem Schluss kommt der jüngste Altersmonitor der Pro Senectute. 46’000 ältere Menschen – das sind immerhin 3,1 Prozent der Schweizer Bevölkerung über 65 – dürfen gemäss der Studie als ausweglos arm bezeichnet werden. Die Grenze liegt bei einem Vermögen unter 30’000 Franken und einem Monatseinkommen von 2279 Franken, was dem Existenzminimum entspricht. Zudem besitzen diese Personen kein Wohneigentum, leben also in einer Mietwohnung.
Die Verfasser der Studie vermuten, dass die prekäre Lebenssituation unter anderem daher rührt, dass die Betroffenen keine Ergänzungsleistungen (EL) beantragt haben. «Wir gehen von einer Dunkelziffer von mehreren Zehntausend Personen aus, die keine Ergänzungsleistungen erhalten, obwohl sie dazu berechtigt wären», sagt Peter Burri von Pro Senectute. Es dürfte sich dabei weitgehend um Senioren handeln, die nicht in einem Altersheim leben: Bei Alters- und Pflegeheimbewohnern kann man davon ausgehen, dass im Zweifelsfall EL beantragt werden.
Frauen sind von Altersarmut fast doppelt so stark betroffen wie Männer. Das liegt an der geschlechtsspezifischen Rollenverteilung: Der Mann ging arbeiten und vermehrte sein Altersguthaben, die Frau blieb über weite Strecken ihres Lebens zu Hause, was zu entsprechenden Lücken in der Altersvorsorge führte.
Mit dem EL-Rechner der Pro Senectute können Sie berechnen, ob Sie Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben.
Weitere Risikofaktoren: eine niedrige Schulbildung, nicht verheiratet oder Ausländerin zu sein. Besonders häufig leben armutsbetroffene Rentner ohne EL auf dem Land. Das dürfte auch soziokulturelle Gründe haben. «In kleinen, ländlichen Gemeinden kennt man sich und schämt sich dafür, eine finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand zu empfangen», schreiben die Verfasserinnen der Studie dazu.
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4 Kommentare
besser melden Sie sich nicht an EL, Anmeldung in 20.11.2020 kostet uns jetzt 20000 Tausend CHF! KK wollen IPV zurück,
weil wir nie Anspruch auf EL erhalten haben. Besser nur Brot ohne Butter von EL!
Der Artikel ist zwar interessant und zeitgemäss, für viele wären allerdings die Bestimmungen, bzw. die Berechtigungen die Ersatzleistungen ermöglichen hilfreich und würden bei manchen vermutlich den Schritt zum Amt auslösen.
Es kommt drauf an, ob jemand auf EL verzichtet aus Unkenntnis oder ob das ein bewusster Akt ist. Letzteres kommt sicher auch vor und sollte respektiert werden. Daneben gibt es eine gewisse Eigenverantwortung, sich zu informieren. Wer das nicht tut, muss die Konsequenzen akzeptieren.
Mit Eigenverantwortung über seine Rechte informieren...aber über seine Pfilchten wird man sehr gut informiert. Selbstverständlich ist es für jeder Einwohner sich zu informieren möglich, GANZ SELBSTVERSTÄNDLICH! Ich finde keine Wörter mehr...