Hinter verschlossenen Türen
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bürgen mit unvorstellbaren Summen für die neue Riesenbank UBS. Näheres zum Deal erfahren dürfen sie aber nicht.
Veröffentlicht am 24. März 2023 - 15:49 Uhr
Für noch nicht bekannte Risiken in den Büchern der CS stehen künftig die Schweizer Bürgerinnen und Bürger gerade. Auch bei Managementfehlern der neuen UBS werden in Zukunft die Steuerzahlenden bluten müssen. Möglicher drohender finanzieller Totalschaden: 209 Milliarden Franken. Das würde für knapp zehn neue Alpentransversalen (NEATs) reichen.
Darf die Bevölkerung da wenigstens ein bisschen mehr erfahren zum Deal, den der Bund eingefädelt hat? Zum Beispiel, wann sich der Bundesrat zum ersten Mal ernsthaft mit der schlingernden CS beschäftigt hat? Welche Überlegungen den Ausschlag für die gewählte Lösung gaben? Oder was die US-Finanzministerin Janet Yellen Bundesrätin Karin Keller-Sutter gesagt hat?
Leider nein, antwortet der Rechtsdienst des EFD auf ein Gesuch des Beobachters gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz. Und verweist auf einen Passus in der vom Bundesrat am Sonntag verabschiedeten Notrecht-Verordnung. Dort heisst es sinngemäss: Der Zugang nach dem Öffentlichkeitsgesetz zu näheren Informationen bezüglich der Liquiditätshilfe ist ausgeschlossen.
In den Erläuterungen zur Verordnung schreibt der Bundesrat, eine weitgehende Informationstransparenz sei notwendig. Gleichzeitig seien diese Informationen «zweifellos von sehr sensibler Natur», weil sie Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse enthalten würden. Transparenz könne auch auf eine andere Weise hergestellt werden, etwa «indem wichtige Erkenntnisse, Eckwerte und Rahmenbedingungen in geeigneter Form offengelegt werden». Welche Form denn nun aber damit gemeint sein könnte, wird in den Erläuterungen nicht weiter ausgeführt.
Was haben Staat und Behörden zu verbergen?
Ist das Vorgehen des Bundesrates legitim? Ja, sagt Urs Saxer, Professor für Verfassungs- und Völkerrecht an der Universität Zürich. «Der Bundesrat kann mittels Notrecht geltende Gesetze übersteuern und damit das geltende Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung aufheben.» Fraglich sei jedoch, ob das Finanzdepartement das Einsichtsgesuch des Beobachters in seiner Gänze ablehnen dürfe oder ob allenfalls auch die Möglichkeit bestanden hätte, gewisse Informationen zu schwärzen, andere aber herauszugeben. «Der Passus in der Verordnung hat eine gewisse Unbestimmtheit.»
Viel härter mit dem Bundesrat ins Gericht geht der Rechtsanwalt Martin Steiger. Mit dem Öffentlichkeitsprinzip solle Vertrauen durch Transparenz geschaffen werden. Vertrauen in Staat und Behörden sei nur möglich, wenn deren Handeln erklärbar und nachvollziehbar erfolgt. Ansonsten stellt sich sofort die Frage: Was haben Staat und Behörden zu verbergen?
«Mit Blick auf die historische und weitreichende Bedeutung der Vorgänge rund um die Credit Suisse bedaure ich, dass die notrechtliche Verordnung die Geltung des Öffentlichkeitsgesetzes absolut und pauschal ausschliesst», sagt Steiger. Gerade wenn Notrecht angewendet werde, sei das Vertrauen durch Transparenz besonders wichtig. «Ich hoffe, dass sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier dafür einsetzen», sagt Steiger. «Es würde schon genügen, wenn der entsprechende Passus in der Verordnung einfach gestrichen würde.»
Lehnt eine Behörde ein Einsichtsgesuch ab, besteht die Möglichkeit, diesen Entscheid in einer Schlichtungsverhandlung beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten überprüfen zu lassen. Dies wird der Beobachter tun.