Darf die Bank unser Konto sperren?
Frage: Letzte Woche ist mein Mann gestorben. Als ich wie üblich die Miete von unserem Gemeinschaftskonto überweisen wollte, merkte ich, dass das Konto gesperrt war. Die Bank teilte mir mit, dass sie zuerst den Erbschein sehen wolle. Kann ich mich dagegen wehren?
aktualisiert am 6. September 2021 - 10:15 Uhr
Rechtlich gesehen handelt die Bank korrekt. Sie hat ein Interesse daran abzuklären, welche Erben vorhanden sind und welcher Teil des Guthabens auf dem Konto dem Verstorbenen gehörte. Tut sie das nicht, muss sie mit Schadenersatzansprüchen von übergangenen Erben rechnen.
Gemeinschaftskonten lauten auf mehrere Personen, die einzeln über das Guthaben verfügen können – grundsätzlich auch über den Tod des anderen Inhabers hinaus. Nun fällt jedoch der Vermögensteil, der dem Verstorbenen gehört, in den Nachlass.
Das bedeutet: Es könnten Pflichtteile von Erben verletzt sein, wenn die Bank das Konto auf Geheiss des überlebenden Ehegatten aufhebt oder Belastungen duldet. Mit der Sperre und der Forderung nach einem Erbschein will die Bank verhindern, dass andere Erben sie später belangen.
Die meisten Banken sind aber kulant, wenn man weiterhin Bezüge für den Haushalt und die Bestattungskosten tätigt. Am besten sucht man mit der Bank direkt eine Lösung und bespricht mit ihr, in welchem Rahmen man bis zum Erhalt des Erbscheins Überweisungen und Bezüge vornehmen kann.
Viele Banken geben zudem an, Gemeinschaftskonten – im Gegensatz zu Einzelkonten – nicht zu sperren, wenn einer der Kontoinhaber stirbt. Man sollte das deshalb bei seiner Bank vorgängig abklären.
Wenn sie doch eine Sperrung vorsieht, sollte jeder Partner zur Sicherheit ein eigenes Konto eröffnen, über das er jederzeit verfügen kann. So kann man einen allfälligen Engpass vermeiden, bis der Erbschein vorliegt.
Die Gemeinschaftskonten sind im Übrigen nicht zu verwechseln mit den Kollektivkonten: Bei diesen dürfen punkto Überweisungen und Aufhebung des Kontos nur alle Kontoinhaber gemeinsam entscheiden. Da beim Tod eines Kontoinhabers dessen Rechte und Pflichten auf die Erben übergehen, müssen hier alle Erben einverstanden sein , wenn das Konto belastet werden soll.
Um Erbschaftsgeschäfte abzuwickeln, kann der Erblasser im Testament oder Erbvertrag einen Willensvollstrecker bestimmen oder die Erbengemeinschaft einen Erbenvertreter. Beobachter-Mitglieder erfahren, wie sie im einzelnen Fall vorgehen, einen Erbschein bestellen oder das Erbe ausschlagen.