Felix Sorge traut seinen Kindern nicht. Nein, schlimmer: Er traut ihnen fast alles zu. Sorge ist verwitwet, reich und unheilbar krank. Als seine Lebensgefährtin vor zehn Jahren zu ihm zog, hatten sich seine erwachsenen Kinder auf verletzende Art von ihm zurückgezogen. Doch nun, kurz vor seinem Tod, ist ihr Interesse an ihm plötzlich wieder erwacht. Für Sorge ist klar: Seine Kinder interessieren sich vor allem für sein stattliches Vermögen.

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Felix Sorge hat seine Lebenspartnerin zwar vorsorglich in einem Erbvertrag begünstigt. Doch er ist unsicher: Kann sie dem begehrlichen Druck seiner Kinder und den absehbaren Auseinandersetzungen um die Verwaltung und Teilung seines Erbes standhalten? Und so schreibt er als Ergänzung zum Erbvertrag ein kurzes handschriftliches Testament: «Ich, Felix Sorge, wohnhaft am Jungbrunnenweg in Zürich, ernenne Notar Anton Kluge zu meinem Willensvollstrecker.» Darunter setzt er das Datum und seine Unterschrift.

In einem Testament oder Erbvertrag können die Verfasser eine oder auch mehrere Personen zum Willensvollstrecker ernennen. Die gewählte Person muss lediglich mündig und urteilsfähig sein. Meist fällt die Wahl auf den Ehe- oder Lebenspartner, auf gute Freunde oder den Vormund. Bei komplizierten Erbteilungen oder absehbarem Erbenstreit empfiehlt sich eine erfahrene Fachperson wie etwa ein Notar oder eine Anwältin. Doch auch Banken, Treuhandbüros oder Bestattungsinstitute dürfen eingesetzt werden. Zuerst sollten Kandidaten jedoch gefragt werden, ob sie auch tatsächlich willens und in der Lage sind, das oft aufwändige Mandat anzunehmen. Es ist im Übrigen zulässig, den Willensvollstrecker gleichzeitig als Erben oder Vermächtnisnehmer zu begünstigen.

Würde bringt Bürde

Felix Sorge kann nun seinem Willensvollstrecker Anton Kluge bestimmte Sonderaufgaben übertragen oder die ihm vom Gesetz eingeräumten weitreichenden Befugnisse einschränken. Ohne konkrete Anordnungen kann oder muss Notar Anton Kluge nach dem Tod von Felix Sorge folgende Aufgaben erfüllen:


  • Er hat zuerst alle Erben und Vermächtnisnehmer von Felix Sorge zu ermitteln. Dann muss er ein genaues Nachlassinventar errichten, soweit nicht von Gesetzes wegen oder auf Verlangen eines Erben ein amtliches Inventar erstellt wird.

  • Er muss die Erbschaft bis zur Teilung verwalten und notwendige Rechtsgeschäfte erledigen. Kluge kann unter anderem Liegenschaften verwalten, Miet- und Pachtverhältnisse regeln, Guthaben einfordern, Darlehen kündigen, ein Unternehmen leiten oder liquidieren, Prozesse führen, Betreibungen vornehmen.

  • Er zahlt fällige Schulden, Steuerforderungen, Bestattungskosten und richtet Vermächtnisse aus. Zu diesem Zweck darf Anton Kluge Nachlasswerte veräussern, Vergleichs- und Verzichtsverträge abschliessen sowie Besitz, Eigentum und Pfandrechte übertragen – auch an Grundstücken. Ist der Nachlass überschuldet, muss er dies dem Konkursamt melden. Bei Verkäufen und sonstigen Handlungen, die über eine blosse Verwaltungstätigkeit hinausgehen, wird der Willensvollstrecker zu seiner Absicherung stets die Zustimmung der Erben einholen, da sie persönlich belastet werden.

  • Er hat alle letztwilligen Anordnungen des Verstorbenen auszuführen, soweit sie nicht unmöglich, sitten- oder rechtswidrig sind. Einen ungültigen letzten Willen von Felix Sorge muss Notar Kluge ebenso wenig ausführen. Tut er es trotzdem, hat er die Erben auf Klagemöglichkeiten aufmerksam zu machen.

  • Er muss den Erben jederzeit auf Verlangen Einsicht in seine Amtsführung gewähren. Ist sein Mandat beendet, erhalten diese eine Schlussabrechnung über die Ausgaben und Verfügungen. Bei unsorgfältiger oder massiv schleppender Amtsführung wird der Willensvollstrecker schadenersatzpflichtig.

  • Er bereitet schliesslich die Erbteilung vor und führt sie durch. Möchten die Erben die Erbengemeinschaft weiterführen, darf Willensvollstrecker Anton Kluge keine Teilung erzwingen. Für den Vollzug holt er das Einverständnis jedes einzelnen Erben ein. Verweigert auch nur ein einziger Erbe seine Zustimmung zum Teilungsplan, muss die Erbteilung im schlimmsten Fall auf dem Gerichtsweg erstritten werden.

Das Mandat eines Willensvollstreckers endet, sobald er alle ihm anvertrauten Aufgaben erledigt hat. Er kann auch jederzeit sein Amt niederlegen.

Gotteslohn genügt nicht

Eine Willensvollstreckung kann sehr aufwändig sein. Das Gesetz sieht deshalb einen Anspruch auf eine «angemessene Entschädigung» vor. In der Praxis begründet dies in der Regel einen Anspruch auf ein bis drei Prozent des Bruttonachlassvermögens. Hinzu kommen noch die zusätzlich ausgewiesenen Auslagen.

Massgeblich für die Honorarberechnung sind der geleistete Zeitaufwand, die Höhe des verwalteten Vermögens, die Verantwortung und der Schwierigkeitsgrad, um den Auftrag erfüllen zu können. Speziell abzugelten sind vor allem besonders komplizierte und aufwändige Fälle oder solche mit sehr geringen oder überschuldeten Nachlässen. In einzelnen Kantonen beziehen sich Anwälte und Notare auf die offiziellen Gebührentarife.

Es steht Felix Sorge frei, in seinem Testament für Notar Kluge gleich ein konkretes Honorar festzulegen.

In jedem Fall darf ein Willensvollstrecker sein Honorar auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Erbengemeinschaft direkt vom Nachlass abziehen, bevor dieser den Erben ausgerichtet wird. Bezieht ein Willensvollstrecker Vorschüsse aus einem Nachlass, hat er die Erben darüber zu informieren.

Niemand ist gezwungen, eine Willensvollstreckung zu übernehmen. Notar Kluge darf das Mandat ohne Begründung ablehnen. Befürchtet Felix Sorge, Kluge könnte dies beispielsweise wegen Arbeitsüberlastung oder im Verdruss über das Verhalten seiner Kinder tun, kann er ihm ausdrücklich das Recht einräumen, eine Hilfsperson beizuziehen, oder aber eine Ersatzperson bestimmen.

Die Erben sind jedoch ihrerseits nicht befugt, dem Willensvollstrecker das Mandat zu entziehen, ihn abzusetzen oder durch eine andere Person zu ersetzen. Der Willensvollstrecker ist dem letzten Willen des Verstorbenen verpflichtet und nicht etwa ein kündbarer Auftragnehmer der Erben. Sind also die Erben von Felix Sorge mit der Mandatsführung von Notar Kluge unzufrieden, können sie – wenn Aussprachen nichts fruchten und dieser von seinem Amt nicht zurücktreten will – nur die zuständige Aufsichtsbehörde um seine Absetzung ersuchen.

Die Anforderungen für eine Absetzung sind jedoch streng. Der Willensvollstrecker muss eine schwere Pflichtverletzung begangen haben oder seine Aufgaben beispielsweise wegen Unfähigkeit oder Krankheit nicht mehr erfüllen können. Der Beschwerdeweg und die Zuständigkeiten sind kantonal unterschiedlich geregelt.

Die Aufsichtsbehörde darf in einem solchen Fall nicht anstelle des kritisierten Willensvollstreckers handeln. Sie kann von ihm nur Aufschluss über seine Tätigkeit verlangen, ihm Weisungen erteilen, willkürliche und offensichtlich unzweckmässige Anordnungen aufheben und ihm schlimmstenfalls das Mandat entziehen.

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