Prämie nicht bezahlt – was sind die Folgen?
Prämie vergessen? Offene Mahngebühr? Wer der Versicherung Geld schuldet, geht nicht nur finanzielle Risiken ein. Das gilt besonders für Autofahrer.
aktualisiert am 14. Juli 2020 - 08:38 Uhr
Der Grenzwächter nahm Esther Schneebeli an Ort und Stelle Autoschlüssel und Fahrzeugausweis weg und schraubte auch noch die Nummernschilder ab. «Ich fühlte mich wie eine Schwerverbrecherin», berichtet Schneebeli später. Sie war mit dem Auto des Arbeitgebers unterwegs, um Pferde nach Österreich zu transportieren. An der liechtensteinischen Grenze nahm die Reise ein jähes Ende. Was Schneebeli damals nicht wusste: Ihr Chef hatte vergessen, eine Rechnung der Autohaftpflichtversicherung zu bezahlen. Was in so einem Fall passiert, wissen viele nicht. Im Folgenden daher die wichtigsten Punkte.
Die Zahlungsfrist ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag und den allgemeinen Versicherungsbedingungen. Oft ist eine Zahlungsfrist von 10 bis 30 Tagen vorgesehen. Spätestens am letzten Tag dieser Frist muss die Prämie auf dem Konto der Versicherung gutgeschrieben sein.
Die Versicherung kann einen Verzugszins verlangen. Zudem mahnt sie den Versicherten und setzt ihm eine letzte Zahlungsfrist von 14 Tagen, berechnet vom Versand der Mahnung an. Dafür kann sie – falls in den allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgesehen – Mahngebühren verlangen. Gleichzeitig klärt die Versicherung den Kunden darüber auf, was passiert, wenn er die Nachfrist ungenutzt verstreichen lässt.
Die Leistungspflicht der Versicherung ruht. Das heisst, dass sie nicht bezahlen muss, wenn der Kunde einen Schaden erleidet. Das birgt ein hohes Risiko. Erst wenn der Kunde die ausstehende Prämie sowie den Verzugszins und allfällige Mahngebühren innerhalb von zwei Monaten bezahlt und die Versicherung die Zahlung auch annimmt, ist die Versicherung wieder gewährleistet, und zwar ab dem Zeitpunkt der Zahlung. Andernfalls endet der Versicherungsvertrag definitiv.
Die Deckung ruht aber nur, wenn die Versicherung beweisen kann, dass sie den Kunden gemahnt und auf die Folgen des Prämienverzugs hingewiesen hat. Ein solcher Beweis gelingt ihr nur, wenn sie die Mahnung per Einschreiben verschickt hat und den Inhalt des Schreibens mit einer Kopie belegen kann. Wenn die Versicherung keine Beweise hat, kann sie zwar weiterhin die ausstehende Prämie vom Versicherten verlangen. Es kommt aber nicht zu einem Deckungsunterbruch.
Für die obligatorische Autohaftpflichtversicherung gelten spezielle Regelungen. Sie muss für eine gewisse Zeit die Schäden decken, die der Versicherte verursacht, selbst wenn er ihr Prämien schuldet. Den Versicherungen liegt also viel daran, dass säumige Kunden kein Risiko darstellen – sprich: nicht mehr Auto fahren. Zu diesem Zweck hat ihnen der Gesetzgeber ein effektives Mittel in die Hand gegeben: den Einzug der Nummernschilder.
Sich in dem Dschungel von Autoversicherungen zurechtzufinden, ist nicht einfach. Beobachter-Mitglieder erfahren, welche Versicherungen sich anbieten, ob Teilkasko oder Vollkasko, welche Schäden durch sie gedeckt werden und wann sich eine Zeitwertzusatz- und Parkschadenversicherung wirklich lohnt.
Wenn der Kunde trotz Mahnung nicht zahlt, erstattet die Versicherung dem zuständigen Strassenverkehrsamt Meldung. Es verfügt, dass Fahrzeugausweis und Nummernschilder eingezogen werden. Wenn der Kunde weiterhin nicht zahlt, erhält die Polizei den Auftrag, die Nummernschilder einzuziehen und im polizeilichen Fahndungssystem Ripol auszuschreiben. Alle Gebühren gehen zulasten des Kunden. Man muss mit rund 300 Franken rechnen.
Sie erlischt, sobald die Nummernschilder beim Strassenverkehrsamt deponiert sind oder 60 Tage nach der Meldung ans Strassenverkehrsamt. Erst wenn der Kunde Prämien, Zinsen und vertraglich vereinbarte Mahnkosten beglichen hat, tritt die Versicherung wieder in Kraft. Die Nummernschilder und den Fahrzeugausweis erhält der Versicherte erst zurück, wenn die Versicherung dem Strassenverkehrsamt eine Versicherungsbescheinigung zugestellt hat. Dafür muss er rund 100 Franken zahlen.
Wer ohne Autohaftpflichtversicherung Auto fährt, geht ein hohes Risiko ein. Denn bei einem Unfall mit Personenschaden können die Kosten schnell in die Millionen gehen. Im schlimmsten Fall droht lebenslange Verschuldung.
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An der liechtensteinischen Grenze erfuhr Esther Schneebeli nach etlichen Telefonaten schliesslich den Grund für ihr Pech. Ihr Chef hatte die Mahngebühren der Autohaftpflichtversicherung über 115 Franken nicht bezahlt.
Schneebeli überwies das Geld, so schnell es ging. Derweil hatte ein Polizist die eingezogenen Nummernschilder fein säuberlich verpackt und zum Versand ans zuständige Strassenverkehrsamt vorbereitet.
Schneebeli geriet in Panik. Wie sollte sie ohne Auto nach Hause kommen? Was tun mit dem unruhig werdenden Pferd, das die Zöllner einfach ignorierten? Freunde aus Österreich hängten den Anhänger schlussendlich an ihr eigenes Fahrzeug und brachten das Tier in Sicherheit.
Gegen Schneebeli leitete die Polizei ein Strafverfahren ein. Sie sei Auto gefahren, obwohl sie von der fehlenden Versicherungsdeckung gewusst habe. Später wurde es wieder eingestellt. Wenigstens ein kleines Happy End.
- Wer die Krankenkassenprämie nicht bezahlt, wird schriftlich gemahnt.
- Nach erfolgloser Mahnung setzt die Kasse eine letzte Zahlungsfrist von 30 Tagen an.
- Wer die Prämie danach immer noch nicht bezahlt, wird betrieben.
- Wer betrieben wird, kommt – je nach Kanton – auf eine schwarze Liste.
- Die Krankenkasse muss nur noch Notfallbehandlungen bezahlen.
- Die Versicherung bleibt bestehen. Ein Wechsel der Kasse ist erst möglich, wenn die Schulden voll beglichen sind.