Zahnärztepflicht: Wenn Ihr Arzt pfuscht, zeigen Sie ihm Zähne
Fehlbehandlungen in der Mundhöhle können höllische Schmerzen verursachen. Doch die Patienten müssen nicht einfach die Zähne zusammenbeissen.
Veröffentlicht am 23. Oktober 2001 - 00:00 Uhr
Bruno H. leidet an unerträglichen Zahnschmerzen und sucht einen Zahnarzt auf. «Kein Problem, Sie sind nicht der einzige Patient, der mit solchen Schmerzen kommt», sagt der Zahnarzt. Mit einem kurzen Eingriff entfernt er den Zahn. Die Schmerzen aber bleiben. Später stellt sich heraus, dass die Ursache woanders lag. Eine Wurzelbehandlung des benachbarten Zahns wäre nötig gewesen. «Wer übernimmt jetzt die Kosten?», fragt Bruno H. zu Recht.
Selbstverständlich muss der Zahnarzt seinen Auftrag sorgfältig erfüllen. Neben der kunstgerechten Behandlung und der Information über allfällige Risiken gehört dazu auch die sorgfältige Diagnosestellung. Unterläuft dem Zahnarzt ein Fehler, muss er wie im Haftpflichtrecht üblich die wirtschaftlichen Nachteile ersetzen.
Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts kann der Patient für eine mangelhafte Arbeit, die einer Nichtausführung gleichkommt, die Bezahlung des Honorars verweigern. Ist nur ein Teil der Arbeiten mangelhaft und deshalb eine Korrektur notwendig, muss der Zahnarzt diese Kosten übernehmen.
Den «fehlbaren» Arzt einbeziehen
Die Anforderungen an die zahnärztliche Sorgfaltspflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Vor allem die Art des Eingriffs und der Behandlung sowie die damit verbundenen Risiken müssen berücksichtigt werden. Aber auch der Ermessensspielraum des Arztes, die zur Verfügung stehenden Mittel sowie die Zeit, in der er handeln musste, spielen eine Rolle. Es liegt nämlich in der Natur von Notfällen und heiklen Diagnosen, dass hier die Grenzen der Haftung enger sind.
Es ist Sache des Patienten, den Diagnose- oder Behandlungsfehler nachzuweisen; der Zahnarzt muss nicht belegen, dass er alles Erforderliche unternommen hat. In Schadensfällen ist es daher wichtig, sofort die Beweise zu sichern. Als Erstes sollte man vom Zahnarzt die gesamte Krankengeschichte, inklusive Röntgenbilder, verlangen. Eine sorgfältige Krankengeschichte muss Auskunft geben über den Krankheitsverlauf, die angeordnete Behandlung und die Aufklärung des Patienten.
Empfehlenswert ist, wenn der Patient seine Beschwerden zuerst dem «fehlbaren» Zahnarzt mitteilt. In den meisten Fällen kann der Mangel leicht behoben werden. Selbstverständlich darf der Zahnarzt dafür keine Rechnung stellen. Allerdings muss nicht bei jeder unpassenden Prothese oder Brücke ein Fehler vorliegen.
In den meisten Fällen ist der Patient aber mangels Fachwissen überfordert und auf fachkundige Hilfe angewiesen. Deshalb empfiehlt es sich, vom «neuen» Zahnarzt den Zustand detailliert dokumentieren zu lassen. Auch eine Anfrage bei der Begutachtungskommission der kantonalen Zahnärztegesellschaft kann weiterhelfen.
Im Zweifelsfall lohnt es sich also, die Meinung eines anderen Zahnarztes eine Second opinion einzuholen. So hätte Bruno H. vermutlich seinen Zahn retten können. Dennoch: Eine richtige Diagnose zu stellen ist immer noch Aufgabe des Arztes, nicht des Patienten.