Bergier-Bericht: Das wird kritisiert
Im Flüchtlingsbericht vom Dezember 1999 schreibt die Bergier-Kommission, die Schweiz habe 1939 bis 1945 über 51000 Zivilflüchtlinge aufgenommen davon rund 21000 jüdischer Herkunft und mehr als 24500 Flüchtlinge abgewiesen. Sie stützt sich auf eine Berechnung des Bundesarchivs von 1996, die auf nur teilweise überlieferten Akten beruht.
Der französische Nazi-Jäger Serge Klarsfeld bezeichnet die letzte Zahl als «aufgebläht» und beziffert aufgrund von Flüchtlingszeugnissen die Zahl der an der Schweizer Grenze abgewiesenen Juden auf «weniger als 5000». Der Lausanner Ökonomieprofessor Christian Lambelet kritisiert, dass die Bergier-Kommission die Mehrfachzählungen unter den 24500 Wegweisungen nicht berücksichtigt habe. Gestützt auf die Zahlen der Bergier-Kommission, kommt er auf etwa 8000 zurückgewiesene Flüchtlinge.
Am stärksten wird das Zahlenmaterial der Bergier-Kommission durch die im September 2000 erschienene Untersuchung des Staatsarchivs Genf unter Leitung von Catherine Santschi erschüttert. Der Santschi-Bericht wertet die Dossiers des Territorialkreises Genf aus, über den rund 40 Prozent der Flüchtlinge in die Schweiz gelangten. Es ist das einzige erhalten gebliebene Archiv dieser Art. Danach wurden von rund 14200 festgenommenen Flüchtlingen zwischen August 1942 und Dezember 1945 «nur» 1259 zurückgeschickt. Hochgerechnet auf die ganze Schweiz und den ganzen Krieg, wären das 3420 abgewiesene Flüchtlinge.
Inzwischen gehen einige Historiker davon aus, dass die Zahlen der Bergier-Kommission nach unten korrigiert werden müssen.