Der Raubmörder Ernst Deubelbeiss bleibe bis ans Ende seiner Tage gefährlich, glaubten zwei Psychiater vor über 50 Jahren. Sie irrten sich: Seit 26 Jahren lebt Deubelbeiss in Freiheit – ohne rückfällig geworden zu sein.

1978 trat der 56-jährige Mechaniker eine neue Stelle an. Er zeichnete sich rasch als umgänglicher Kollege aus. Den Job hatte er nach einer Namensänderung erhalten. Keiner hätte ihn eingestellt – er galt in den Fünfzigern als Inkarnation des Bösen.

1953 hatte das Zürcher Geschworenengericht Deubelbeiss und Kurt Schürmann wegen der Ermordung des Bankdirektors Armin Bannwart und weiterer Delikte zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. «Am Prozess sagten die beiden Psychiater, ich sei schizophren und sehr gefährlich, man dürfe mich niemals freilassen», erzählt der heute 83-Jährige.

Kaltblütiger Mord für kleine Beute
Deubelbeiss und Schürmann hatten 1951 in Erfahrung gebracht, dass Armin Bannwart den Tresorschlüssel der Bank Winterstein auf sich trug. Via den Bankdirektor wollten sie ans grosse Geld kommen. Sie entführten ihn – doch ausgerechnet an diesem Tag trug Bannwart den Schlüssel nicht auf sich. Mit drei Schüssen ermordeten sie ihn. Die Beute: 200 Franken. Ein Jahr später versuchten Deubelbeiss und Schürmann, den Tresor der Post in Reinach AG aufzuschweissen. Als ein Polizist am Tatort erschien, schossen sie sich den Fluchtweg frei. Kurz darauf wurden sie verhaftet.

Deubelbeiss war als 20-Jähriger der kommunistischen Partei beigetreten. «An der Ungerechtigkeit nahm ich immer Anstoss.» Doch die Phase der Weltverbesserung blieb Episode. Deubelbeiss begann, Einbruchdiebstähle zu verüben. Er wurde gefasst und sass zwei Jahre im Gefängnis in Bochuz ab, wo er Kurt Schürmann kennen lernte, der wegen Raubüberfällen verurteilt worden war. «Ich wollte nie wieder ins Gefängnis, ich wollte keine krummen Dinger mehr drehen – es sei denn, es würden Unsummen dabei herausschauen», erzählt Deubelbeiss über die zweifelhafte Wirkung dieser Strafe. Diese Haltung wurde ihm später zum Verhängnis.

Deubelbeiss verbrachte in Regensdorf zehn Jahre in Einzelhaft. Nach seinem Übertritt in den Normalvollzug griff er den Gefängnisdirektor mit einem Messer an. Eine therapeutische Behandlung erhielt er nicht. Nur an einem Gruppengespräch konnte er teilnehmen. «Dort lernte ich, meine Probleme zu formulieren. Das half mir viel.» Ein Mitarbeiter der Justizdirektion unterstützte ihn. Dessen Ausspruch «Ich weiss, dass Sie nicht rückfällig werden» gab ihm Selbstvertrauen. Kraft und Zuversicht geschöpft habe er zudem aus den Schriften des Anthroposophen Rudolf Steiner, sagt Deubelbeiss.

Ohne Vorbereitung wurde er 1978 in die Freiheit entlassen. Eine Praxis, die die Rückfallgefahr drastisch erhöht. Doch Deubelbeiss bewältigte die Umstellung: Seit über einem Vierteljahrhundert lebt er unerkannt und unbescholten in Freiheit.

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