Ein Urner Büsi will unbedingt nach ganz oben
Über Ostern bestieg eine Urner Katze gleich zweimal den Bristenstock. Da werden Erinnerungen wach an eine andere tierische Legende.
Veröffentlicht am 12. Mai 2021 - 16:34 Uhr
Katzen sind furchtlose Entdecker. Sie haben sieben Leben. Kein vernünftiger Kapitän sticht ohne Bordkatze in See. Das Tierchen kümmert sich während der Überfahrt um Mäuse und Ratten, die Proviant oder Seile anknabbern.
Dabei verabscheuen Katzen das Wasser. Viel lieber gehen sie hoch hinaus. Davon zeugen unzählige halsbrecherische Katzenleitern an Häuserblocks landauf, landab. Bei einem Sturz landeten sie ja, das weiss ein jeder, stets ganz sanft auf ihren vier Pfoten.
Wer erinnert sich nicht an Tomba, diese Berner Oberländer Katzenlegende? Tomba kam vor rund 30 Jahren im Berghotel Schwarenbach auf die Welt. Die Katze hatte ein ungewöhnliches Hobby: Bis zu ihrem Tod 1993 begleitete sie Tourengänger auf die umliegenden Gipfel und Pässe. So wurde aus dem Büsi ein internationaler Medienstar.
Ganz offenbar hat Tomba einen würdigen Nachfolger. Es stand zuerst im «Urner Wochenblatt» (Artikel kostenpflichtig): Am frühen Karfreitagmorgen, im Halbdunkel noch, habe sich eine mutige Katze einer Gruppe von Alpinisten angeschlossen, die sich anschickte, den 3000 Meter hohen Bristenstock zu erklimmen. Das Tier machte zu keinem Zeitpunkt Anstalten umzukehren. Es hüpfte lustig von Stein zu Stein, und nur ab und zu, vermutlich kalter Pfoten wegen, machte die Katze kurz Pause auf einem der Rucksäcke der Skitourengänger.
Auf dem Gipfel habe der Vierbeiner dann einen recht gesunden Appetit gezeigt, zitiert die Zeitung den Bergführer Stefan Rothenfluh: «Sie hat alles gefressen, was wir ihr gegeben haben: Brot, Käse, Nussgipfel.» Vor der Abfahrt packte der Bergführer den tierischen Gast in den Rucksack, so, dass nur noch der Kopf hervorlugte. Ein paar Schwünge ist das gutgegangen, dann wollte die Katze wieder auf eigenen Pfoten stehen. Also liess man sie schweren Herzens ziehen.
Einmal ist nicht genug
Sorgen um das Schicksal des kleinen Gipfelstürmers muss sich indes niemand machen. Die Katze, wurde dem Bergführer nach der Tour mitgeteilt, gehöre einer Familie aus der Region. Sie sei vier oder fünf Tage weg gewesen und nun wohlauf zurück.
Wie unter anderem die englische Presse berichtete, unternahm die Katze während ihrer Abwesenheit einen zweiten Anlauf auf den Bristen. Dieses Mal schloss sie sich zwei jungen Männern an, die das Tier nach dem Gipfelfoto einer anderen Gruppe übergaben, die das «Berg-Büsi» schliesslich sicher ins Tal brachte.