Aufgezeichnet von Julia Hofer:

«Frauen sind gesucht, Frauen werden auch befördert – in den Banken zumindest im unteren Kader. Männer zwischen 30 und 50 bekommen dadurch mehr weibliche Konkurrenz. Das führt dazu, dass sie die Faust im Sack machen, weil sie sich um ihre Karrierechancen betrogen fühlen. Aber wenn man mehr Frauen will, muss man bei gleicher Befähigung Frauen vorziehen. Ist nun mal so.

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Die Unzufriedenheit der Männer wird für Druck sorgen, denn immer noch sind Männer an der Macht – und die sind hellhörig, wenn es um Probleme von Männern geht. Das sieht man auch in anderen Bereichen: Es hat 70 Jahre gedauert, bis wir das Frauenstimmrecht hatten, aber nur fünf, bis die geteilte Sorge kam.

Auch wenn sich auf den unteren Kaderstufen etwas tut – für Toppositionen existiert die gläserne Decke nach wie vor. Es gibt zu wenig Frauen, die sich überhaupt bewerben können. Oben angekommen, stehst du dann im Verdacht, eine Quotenfrau zu sein. Und bist unter ständiger Beobachtung. Wenn ein Fehler passiert, heisst es: Frauen sind unfähig. Dabei gibt es so viele männliche Manager, die Scheisse bauen – aber bei ihnen ist es immer ein individueller Fehler. 

Frau vom Dienst

Als einzige Frau in einer Gruppe ist es schwierig, sich durchzusetzen. Ich schätze Kundenbedürfnisse und Potenziale häufig anders ein als meine Kollegen. Wenn ich andere Vorschläge oder Argumente einbringe, sind das nicht einfach neue oder andere Sichtweisen, sondern stets weibliche Sichtweisen. Ich bin nie einfach ein Kader unter Kadern. Dauernd bin ich die Frau. Und dieses Frausein ist immer mit etwas Wohlwollen, etwas Argwohn oder etwas Befremden verbunden.  

Vieles läuft unbewusst ab. Muss jemand das Protokoll schreiben, warten Männer ab. Erst wenn ich sage, dass ich es nicht mache, wachen sie auf, und einer meldet sich. Bereiche wie die Kommunikation überlässt man den Frauen. Das wertet sie ab. Ich kämpfe immer dafür, dass sich da auch Männer reinknien. Wenn es beim Führen darum geht, Konflikte zu lösen, denkt man an eine Frau. Das Einstellungsgespräch wollen die Chefs aber selber machen. Und bei Projekten sind oft Männer die Ideengeber, Frauen übernehmen die Organisation: Darin sind sie ja gut, so die Haltung.

Mit weiblichen Emotionen können Männer nicht umgehen. Wenn eine Frau aus Wut Tränen in den Augen hat, verunsichert sie das total – der Vorwurf, zu emotional oder überfordert zu sein, steht sofort im Raum. Aber auf den Tisch hauen aus Wut, wie es Männer oft machen – ist das nicht emotional? 

Ein paar Dinge haben sich zum Positiven verändert. Ich werde zum Beispiel nicht mehr ständig gefragt, wie ich Kinder und Karriere unter einen Hut kriege. Und ich kann sagen, wenn ich etwas chauvinistisch finde. Intern jedenfalls. In der Öffentlichkeit kann ich über diese Themen nur anonym reden, es würde mir sonst ein Strick daraus gedreht.

Peinliche Prahlerei

Man will wirklich mehr Frauen – aber das Problem ist: Chefs suchen bei Kandidierenden nach Eigenschaften, die sie kennen. Was Männern entgegenkommt. Sie haben keine Scheu, zu sagen, wie durchsetzungsstark sie sind. Frauen finden das peinlich. Und es ist ja auch peinlich!

Chefs haben immer noch nicht verstanden, dass sie ein anderes Gesamtpaket bekommen, wenn sie Frauen einstellen. Aber darum geht es ja gerade: um Diversity. Verschiedenheit. Wenn du einen Tapetenwechsel willst, bleibst du auch nicht auf dem gleichen Sofa sitzen und kaufst noch einmal die gleichen Kissen. Nein, du probierst etwas Neues. Nach Bewerbungsgesprächen höre ich oft: Diese oder jene Kandidatin ist etwas unsicher aufgetreten.

Was ich von Diversity-Initiativen halte? Sie schaffen Bewusstsein. Aber in freiwilligen Workshops sitzen fast nur Frauen, die schon sensibilisiert sind. Man muss Frauenförderung an den Bonus knüpfen, wenn man etwas erreichen will.»

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