Am Anfang stand das Interesse für die tibetische Kultur. Dann kam vor drei Jahren das Engagement dazu. Die 30-jährige Raya Schmid übernahm eine Patenschaft für das SOS-Kinderdorf Pokhara in Nepal. Dort leben 118 tibetische Flüchtlingskinder – Waisen und Sozialwaisen, die ohne elterliche Fürsorge aufwachsen müssen. Schmid spendet 720 Franken im Jahr. Dafür erhält sie alle sechs Monate einen ausführlichen Bericht darüber, was im Dorf läuft und wie das Spendengeld verwendet wurde.

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Letztes Jahr besuchte Raya Schmid das Dorf erstmals. «Es war eine gute Erfahrung. Mich hat beeindruckt, wie viel Wert darauf gelegt wird, die tibetische Kultur weiter zu pflegen», erzählt die Sozialpädagogin.

Auf das Patenschaftsmodell stiess Schmid eher zufällig im Internet. «Anfangs dachte ich, dass ich eine Patenschaft für ein einzelnes Kind übernehmen möchte. Doch dann überzeugte mich die Idee, die ganze Dorfgemeinschaft zu unterstützen.» Während ihres Besuchs in Nepal besichtigte sie verschiedene Wohnhäuser, die Kinder waren in der Schule. «Das war gut so. Es geht mir ja nicht um ein einzelnes Kind, sondern um das Projekt.» Raya Schmid ist eine von 5000 SOS-Kinderdorf-Paten in der Schweiz, weltweit sind es 400'000.

Die Gemeinschaft unterstützen

Die Stiftung SOS Kinderdorf ist eine der wenigen von der Zewo zertifizierten Organisationen, die mit Patenkindern werben. Zertifiziert wurde sie nur, weil sie keine Patenschaften für einzelne Kinder anbietet. Für Zewo-Geschäftsleiterin Martina Ziegerer ein grosser Unterschied. «Damit es Kindern gut geht, brauchen sie ein gutes Umfeld, zu dem gesunde Nahrung, sauberes Trinkwasser, Bildung und medizinische Versorgung gehören.» Deshalb sei es sinnvoller, die Gemeinschaft zu unterstützen statt ein einzelnes Kind.

SOS-Kinderdorf Pokhara

Tibetische Kinder im SOS-Kinderdorf Pokhara, Nepal

Quelle: SOS-Kinderdorf

Die Zewo will mit ihrer Politik zudem verhindern, dass die Notlage einzelner Kinder ausgenützt wird und sie vermarktet werden. Wohin das führen kann, sieht man auf der Website des auch in der Schweiz tätigen Hilfswerks Compassion. Kinder werden dort mit Foto, Namen, Land und Alter im Netz präsentiert. So kann man «sein» Kind wie in einem Katalog auswählen.

Das Problem mit den Kinderbildern

«Mit einer persönlichen Kinderpatenschaft sind hohe Erwartungen verbunden, die oft nicht erfüllt werden können», warnt Ziegerer. Zudem bestehe die Gefahr, dass sich eine paternalistische Haltung bilde – mit dem Paten als Wohltäter und dem Kind als ewig dankbarem Empfänger.

Auch Organisationen, die keine Patenschaften vermitteln, werben gern mit Bildern von Kindern. So tritt zum Beispiel Ex-Skifahrerin Maria Walliser als SOS-Kinderdorf-Botschafterin mit einem Kind im Arm auf. Fotos mit einer so engen Bindung seien aber die Ausnahme, sagt Isabel Rutschmann, Sprecherin von SOS Kinderdorf. Sie betont, dass auch Maria Walliser keine einzelnen Kinder unterstütze, sondern das Dorf, in dem sie aufwachsen.

Dass Kampagnen mit Kinderbildern wirken, zeigte kürzlich eine Umfrage in Deutschland. Ein Viertel der befragten Spender erklärte, dass der persönliche Bezug zwischen Pate und Patenkind für sie ausschlaggebend sei.

«Als jungem Erwachsenen war es mir damals wichtig, dem Land, in dem ich oft in den Ferien war, etwas zurückzugeben.»

 

Michael Diener, Spender

Plan International ist mit weltweit 1,2 Millionen Patenschaften eines der grössten Kinderhilfswerke. Auf der Zewo-Liste fehlt die Organisation allerdings. Der Grund: Plan International ermöglicht den persönlichen Kontakt zwischen Pate und Kind.

Michael Diener hat vor 16 Jahren bei Plan International eine Patenschaft für einen Buben in Peru übernommen. «Für mich war es wichtig, dass ich das Kind besuchen kann», sagt er. Zum Land hat Diener eine besondere Beziehung. Seine Mutter ist Peruanerin und lebt heute wieder dort. «Als jungem Erwachsenen war es mir damals wichtig, dem Land, in dem ich oft in den Ferien war, etwas zurückzugeben.» 45 Franken kostet ihn die Patenschaft monatlich. Eingesetzt wird das Spendergeld für Projekte in der Favela.

Plan International

«Der Junge ist so schreibfaul wie ich», Michael Diener mit seinem Patenkind (links).

Quelle: private Aufnahme

Diener hat sein Patenkind schon fünf Mal getroffen – immer unter Aufsicht von Mitarbeitern des Hilfswerks. «Ohne die Besuche hätten wir den Kontakt verloren, denn der Junge ist so schreibfaul wie ich», sagt er lachend. «Das Wiedersehen ist jedes Mal schön. Doch die schönste Erfahrung ist, zu sehen, wie sich die Situation in der Favela verbessert und es der Familie besser geht.»

Wenn Patenkinder als «Trophäen» missbraucht werden

Wie nötig Regelungen zum Schutz der Kinder sind, zeigen Beiträge auf dem Internetforum «Patentreff-01». Wenn Paten dort von ihren «Schützlingen» erzählen, geht es mehr um sie als um die Kinder. Verschiedene kündigten die Patenschaft auf, nachdem der Briefverkehr mit dem Kind zu stocken begonnen hatte.

Andere waren beleidigt, nachdem sie Pakete geschickt und kein Dankesfoto vom Patenkind mit dem Geschenk erhalten hatten. Und einige Paten stellen Fotos «ihrer» Kinder in das öffentlich zugängliche Forum.

Wissen, wohin Spendengelder fliessen

Patenschaften entstehen oft auch durch persönliche Kontakte auf Ferienreisen. Eine Organisation, die so arbeitet, ist «Renard Bleu Touareg». Sie wurde von Nomaden gegründet und bietet Wüstentrekkings im Süden Marokkos an. Sieben Prozent der Einnahmen aus den Trekkings fliessen an Hilfsprojekte vor Ort. Daneben bestehen zurzeit 47 Patenschaften.

«Wir kennen alle Patenfamilien und auch alle Paten persönlich», sagt Stefan Gneiting vom Verein Azalay. «Uns geht es um ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Deshalb ist es uns wichtig, dass man zuerst etwas von den Lebensumständen und der Kultur erfährt, bevor man Pate wird.»

Solche Patenschaften findet man auf Spendenplattform.ch. Der Vorteil dieser Kollektivpatenschaft ist, dass das Spendengeld zu 100 Prozent vor Ort ankommt. Anders als bei traditionellen Hilfsorganisationen fallen bei Vereinen keine administrativen Kosten an.

Rita Torcasso hat eine Patenschaft bei der Organisation «Renard Bleu Touareg».

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