Ist das Geld dafür schon da?
Alt Ständerat Paul Rechsteiner (SP) will die 13. AHV-Rente mit Überschüssen aus der Arbeitslosenversicherung finanzieren. Doch die Bürgerlichen winken ab.
Veröffentlicht am 12. März 2024 - 09:49 Uhr
Braucht es höhere Lohnbeiträge? Mehr Mehrwertsteuer? Soll die Schweiz die Entwicklungshilfe kappen? Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente überbieten sich Politikerinnen und Politiker mit Forderungen, woher das Geld für die zusätzliche Rente kommen soll. Vor diesem Hintergrund überrascht ein Vorschlag von alt Ständerat Paul Rechsteiner, der 20 Jahre lang Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds war.
Es sei nicht nötig, die Leute im Land zusätzlich zu belasten, weder Angestellte, Arbeitgeber noch Konsumenten, sagte der frühere St. Galler Sozialpolitiker gegenüber dem Beobachter. Überschüssige Gelder aus anderen Sozialversicherungen könnten die AHV sichern.
«Nichts spüren im Portemonnaie»
Rechsteiner nennt als Erstes die Arbeitslosenversicherung (ALV). Weil die Arbeitslosigkeit seit Jahren tief ist, verzeichnet sie hohe Überschüsse. Ende 2023 betrug ihr Vermögen gemäss Hochrechnung fast 7 Milliarden Franken. Weil es für die ALV eine Vermögensbremse gibt, wird der Bundesrat in rund zwei Jahren die Lohnabzüge senken müssen, wenn die Arbeitslosenzahlen weiter stabil bleiben. Dieses Geld – rund 1,3 Milliarden Franken, 0,3 Lohnprozente je zur Hälfte bezahlt von Angestellten und Arbeitgebern – könnte man stattdessen an die AHV umleiten, sagt Rechsteiner.
«Beim Bundeshaushalt sparen»
Die gleiche Möglichkeit sieht er bei Unfallversicherung und Familienzulagen. Die Zahl der Unfälle geht zurück, und es kommen weniger Kinder zur Welt. «Der Gewerkschaftsbund hat errechnet, dass die Lohnbeiträge an die Sozialversicherungen insgesamt so stark sinken werden, dass die Leute von den höheren AHV-Beiträgen gar nichts bemerken werden im Portemonnaie.»
«Der Vorschlag zeigt eine Verwahrlosung der Bundespolitik.»
Marco Chiesa, Präsident SVP
Eine AHV-Finanzierung ohne Opfer? Nicht möglich, heisst es bei den bürgerlichen Parteien. «Eine Schwächung der Arbeitslosenversicherung zur Finanzierung der 13. AHV-Rente wäre kurzsichtig», sagt FDP-Präsident Thierry Burkart. Man wisse nicht, wie sich die Wirtschaft entwickle. Mit den 1,3 Milliarden aus der ALV könne zudem nur ein kleiner Teil des AHV-Bedarfs gedeckt werden, der bei 4 bis 5 Milliarden liege. «Das Geld, das wir wegen der 13. Rente schon ab 2026 benötigen, muss in erster Linie durch Sparmassnahmen beim Bundeshaushalt erbracht werden.»
«Nicht umleiten, wie es einem passt»
SVP-Präsident Marco Chiesa nennt Rechsteiners Vorschlag eine «Verwahrlosung der Bundespolitik». ALV und Unfallversicherung seien auf Reserven angewiesen. «Es geht nicht, gesetzlich vorgeschriebene Beiträge umzuleiten, wie es einem passt.» Die SVP will das Geld für die AHV durch Kürzungen bei Entwicklungshilfe, im Asylbereich und bei Hilfe für die Ukraine hereinholen. «Eine Erhöhung der Lohnabzüge und der Mehrwertsteuer lehnen wir ab.»
Gefordert ist jetzt der Bundesrat. Mithilfe einer Expertengruppe will er bis im Spätsommer Sparvorschläge für den Bundeshaushalt ausarbeiten. Ausserdem muss er spätestens bis 2026 unabhängig von der 13. AHV-Rente eine Vorlage für die Reform der AHV aufgleisen, die deren langfristige Finanzierung sicherstellt.
2 Kommentare
Ich kann nur staunen was man so in den Medien alles zu lesen kriegt, so zum Beispiel, ja ist dann das Geld für ein 13.AHV Rente schon da. Ich habe aber noch nirgendswo gelesen wo gefragt wird ob das Geld für sogenannte Auslandshilfen oder der Solidaritätsbeitrag der EU schon da ist. Würden unsere Gelder nicht so schamlos zweckentfremdet hätte es genug Geld für alles. Seit ich lebe, und das ist schon eine ganze Weile, wird immer an der AHV herumgebastelt, ich kenne nichts anderes.
Das Geld wird von der AHV selbst vorhanden sein. Die Lohnsumme steigt. Löhne der Meistverdienenden um bis zu 50%. Aus der Lohnsumme wird die AHV zu 70% finanziert. Und es sind die 8% Meistverdienenden die den Grossteil bezahlen. Es braucht keine Sparprogramme.
Heinz Häusler