Eine Volksinitiative, fünf Jahre Druck, 30 Vorstösse und ein Frauenstreik – so viel hat es gebraucht, bis der Ständerat nun doch noch eingelenkt hat. Ein guteidgenössischer Kompromiss, es geht also doch, jubeln viele. Zwei Wochen Vaterschaftsurlaub für alle, finanziert über die Erwerbsersatzordnung. Besser als nichts.

Keine Frage, der Nationalrat wird diesen Gegenvorschlag im Herbst unterstützen, wir werden über ihn an der Urne abstimmen können. Das alleine deshalb, weil die FDP im Herbst nicht geschlossen gegen diesen Kompromiss stimmen wird. Ein Nein so kurz vor den Wahlen kann sie sich nicht leisten. Die Freisinnigen würden zu viele Wählerinnen und Wähler verprellen. 
 

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Ist damit nun alles schön und gut? Selbstverständlich ist es das nicht.


Der Gegenvorschlag hat wenig mit Einsicht und viel mit politischem Kalkül zu tun. Man will Schlimmeres verhindern und einer sympathischen Volksinitiative Vaterschaftsurlaub «Viele Familien müssen sich durchwursteln» den Wind aus den Segeln nehmen. Lieber zwei als vier Wochen, das kostet halb so viel, das richtet weniger Schaden an, so die Logik. Dieser Gegenvorschlag ist ein rein rechnerischer Kompromiss, um Problemlösung geht es bestenfalls nebenbei. 

Und: Mit der heutigen Regelung wertschätzen wir junge Väter genau gleich wie Menschen, die umziehen oder deren Grossmutter gestorben ist. Es gibt einen Tag frei. Das ist schlicht und ergreifend schäbig.

Jetzt geht es also um zwei Wochen oder vier Wochen Vaterschaftsurlaub. Selbstverständlich kann man sich auch nicht in vier Wochen, auf die neue Situation mit Kindern einstellen. Natürlich ist Kinderhaben ein Dauerprozess ohne Ablaufdatum. Klar werden gesellschaftlich zementierte Rollen auch in vier Wochen nicht durchbrochen. Aber immerhin schenken wir jungen Eltern ein paar Tage mehr Zeit und Ruhe, damit sie sich besser in ihrem neuen Lebensabschnitt einrichten können. «Nur noch ewiggestrige Alleinverdiener-Fundamentalisten» werden dies bestreiten, schreibt auch die NZZ, die den Kompromiss des Ständerats ablehnt.

Die Wirtschaft regle das bereits, sagen die Bremser. Es brauche nicht den Zwang des Staates. Viele Firmen gewährten schon heute jungen Vätern einen längeren Papi-Urlaub als den gesetzlich vorgeschriebenen einen Tag. Viele Firmen könnten es sich aber nicht leisten, das junge Väter vier Wochen vom Arbeitsplatz wegbleiben. Die Lohnnebenkosten seien gerade in der teuren Schweiz schon heute ausserordentlich hoch. Mit solchen Vorlagen setze man die Existenz vieler kleinerer und mittelgrosser Unternehmen mutwillig aufs Spiel. 

Und überhaupt: Wem die Geburt des eigenen Kindes nicht wichtig genug sei, Ferien zu beziehen, dem könne nicht geholfen werden. 
 

Viele dieser Argumente sind nicht einfach falsch. Das macht sie aber nicht besser. 


Wenn eine Firma konkurs geht, nur weil sie vier Wochen lang auf einen jungen Vater verzichten muss, ist ihr längerfristig ohnehin nicht zu helfen. Wenn junge Väter nach der Geburt ihres Kindes nicht Ferien nehmen wollen, ist das sehr bedenklich. Dass sie aber Ferien beziehen müssen, die eigentlich «der Erholung der Arbeitnehmenden zu dienen» haben und deren Zweck «die Erhaltung der Gesundheit und Bewahrung der Arbeitskraft des Arbeitnehmenden» sei, ist weder Sinn noch Zweck des Vaterschaftsurlaubs.

Es braucht eine echte Elternzeit, damit junge Eltern in Ruhe Elternarbeit gleichberechtigt organisieren können. Es braucht vier Wochen Ferien für die Väter, damit sie ihre Frauen wirklich entlasten können. 

Klar kostet uns das was. Aber ernsthaft: Können wir uns das wirklich nicht leisten? Zerbricht unser Wohlstand daran? Bezahlbar sei noch vieles. Es sei aber immer eine Frage der Prioritäten, kommentiert die NZZ. Sie hat recht damit, genau darum geht es. Es geht um die Frage, wie wichtig uns das Wohl junger Eltern und ihrer Kinder ist. Und wie ernst wir ihre Sorgen und Nöte nehmen. 
 

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Martin Vetterli, stv. Chefredaktor
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