Hier ein Zigistummel, da eine Aludose, ein Papierfötzeli, ein Plastiksack. Überall sehe ich den Güsel. Manchmal muss ich mich richtig zwingen, die Natur zu geniessen. Aber Wut bringt da nichts. Ich konzentriere mich trotz allem auf die positive Veränderung. Ich bin Teil von Trash Hero Luzern und Mitgründer und Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Trash Hero World.

Luzern ist eine lokale Gruppe, ein Chapter, wie es bei uns heisst. Regelmässig machen wir mit freiwilligen Helferinnen und Helfern Clean-ups. Wir nehmen uns einen Wald oder ein Seeufer vor und sammeln den Abfall ein. Mit Greifzangen und Handschuhen. Zum Schluss sortieren wir den Güsel und dokumentieren teils mit einer Präzisionswaage die Zigistummel, Aludosen, PET-Flaschen und alles andere.

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Manchmal notieren wir auch die dazugehörigen Markennamen. Alle Daten halten wir digital fest. Sie sind unser Argument, dass wir als Gesellschaft etwas ändern müssen.

Seit gut zehn Jahren räume ich da draussen auf. Dabei war ich früher gar nicht so der Umwelttyp. Offen gesagt, es hat mich nicht interessiert. Ich arbeitete damals als Tauchlehrer auf einer kleinen Insel in Thailand und habe abends in einer Bar Musik gemacht. Eines Tages gingen wir in einem Nationalpark tauchen. Da sah ich Strände und ein Meer voller Abfall.

Das hat in mir etwas bewegt. Wir taten uns zusammen und fingen an, aufzuräumen, wieder und wieder. 2016 gründeten wir die heutige Organisation, die inzwischen weltweit 139 Chapters in 17 Ländern zählt. Was wir tun, ist alles andere als Sisyphusarbeit!

Sensibilisieren und Alternativen aufzeigen

Seit letztem Jahr hat Trash Hero World die Akkreditierung für die Umweltversammlung der Vereinten Nationen. Darauf sind wir stolz. Dadurch können wir bei wichtigen Akteuren Einfluss nehmen, uns noch stärker vernetzen und uns für unser Anliegen einsetzen: eine Kreislaufwirtschaft – möglichst frei von Abfall. Eine Welt also, in der Material- und Produktkreisläufe möglichst geschlossen sind und Rohstoffe immer wieder von neuem verwendet werden können.

Auf dem Weg dorthin kommen natürlich wieder unsere gesammelten Daten von inzwischen über 18'000 Säuberungsaktionen zum Einsatz, bei denen wir insgesamt schon gut 2300 Tonnen Abfall aus der Umwelt gefischt haben.

Die Arbeit mit lokalen und nationalen Politikerinnen, Politikern und NGOs hier in der Schweiz und noch viel stärker in Thailand, Malaysia oder Indonesien ist für unser Anliegen zentral. Gerade in Südostasien sind die Abfallsysteme oft dürftig, und der lokalen Bevölkerung fehlt das Wissen um die Abfallproblematik. An Clean-ups fragen uns Leute immer: «Wo geht der ganze Abfall hin?» Je nach Land ist die Antwort darauf natürlich unterschiedlich.

Uns motiviert, dass wir die Leute für die Umwelt- und Gesundheitsprobleme, die Abfall verursacht, sensibilisieren können. Und dass sie ihren Müll reduzieren, wenn wir ihnen Alternativen aufzeigen. Wir helfen, bessere Abfallsysteme einzuführen, indem wir mit den Verantwortlichen sprechen oder Restaurant- und Geschäftsbesitzern Alternativen zu Einwegplastik und PET-Flaschen zeigen.

Für meine Arbeit als Trash Hero will ich keinen Lohn, auch wenn es inzwischen ein 50- bis 70-Prozent-Job ist. Selbst die Reisen finanziere ich, wenn immer möglich, aus der eigenen Tasche. Das ist mir wichtig, denn als Schweizer habe ich den Luxus, helfen zu können. Eigentlich bin ich ja IT-Security-Engineer, arbeite aber 50 Prozent in der Firma meines Bruders im Backoffice. Der Job finanziert mein Leben.

Ich wohne in einer WG im luzernischen Inwil, die Stube ist mein Büro. Einmal im Monat fülle ich im Unverpackt-Laden der Stadt die Lebensmittelvorräte auf, und jede Woche hole ich Früchte und Gemüse vom Bauernhof in der Nähe. Alles unverpackt. Ich koche nach dem Prinzip «Was ist noch da?» und nicht nach «Auf was habe ich gerade Lust?». Später will ich sagen können: Ich habe mein Bestmögliches getan.

Aufgezeichnet von Sabina Galbiati