Aufgezeichnet von Tina Berg und Jasmine Helbling:

Ich habe lange versucht, dem Hass keinen Raum zu geben. «Don’t feed the trolls», war meine Devise, also hielt ich mich zurück. Aber die Anfeindungen haben zugenommen. Früher musste man sich hinsetzen und einen Leserbrief schreiben, heute geht das innert Sekunden über zig Kanäle. Der Hass ist diffuser, heftiger, multipliziert sich schneller.

Wer nicht mit mir einverstanden ist, sucht Gleichgesinnte und wütet ein bisschen. Vielleicht sogar anonym, als «Hampelmann83». Bei Facebook habe ich aufgehört, mein Postfach zu lesen. Allgemein schaue ich nicht mehr so genau hin. Vieles findet zum Glück da statt, wo ich es nicht mitbekomme: in Kommentarspalten, Foren oder in Facebook-Gruppen.

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Die Leute denken manchmal, ich strotze vor Selbstsicherheit. Klar, ich bin heute selbstbewusster als am Anfang meiner Karriere. Aber trotzdem ist mir nicht egal, was andere über mich denken. Ich bin emotional, das kann man sich nicht abtrainieren.

Nicht alles hinnehmen

Einmal, da hat es mich «verjagt». «Steffi Buchli ist eine mega extrem unschöne Frau. Schweizerisch extrem negativ emanzipiert, von Weiblichkeit ist gar nichts vorhanden» – das schrieb ein Mann auf Facebook. Ich sei «ein dummes CH-Tussie» und solle abtreten. Auf seinem Profil fand ich seine Telefonnummer. Ich reagierte im Affekt, aus der Wut heraus, und veröffentlichte Kommentar und Nummer. Dafür wurde ich kritisiert, zu Recht. Das hätte ich nicht tun sollen, also entschuldigte ich mich bei ihm.

Dass ich reagiert habe, war aber richtig. Wir Frauen dürfen nicht alles hinnehmen, nicht immer schweigen. Und vor allem dürfen wir uns nicht wegen solcher Angriffe zurückziehen. Das wäre ja wahnsinnig!

Viele böse Kommentare betreffen mein Aussehen. Die neue Haarfarbe oder das auffällige Kleid. So was ist Pipifatz. Ich staune, wie stark sich manche Leute dafür interessieren. Meine berufliche Kompetenz stellt praktisch niemand in Frage. Wäre dies der Fall, würde mich das stressen. Schlecht weghören kann ich auch, wenn es um meine Familie geht. Als ich vier Monate nach der Geburt meiner Tochter wieder vor der Kamera stand, hagelte es Kritik. Die übelsten Zuschriften bekam ich von Frauen, das verletzte mich sehr. Sie nannten mich Rabenmutter, keine richtige Frau.

Was Solidarität bewirkt

Wie man am besten auf so was reagiert, ist eine schwierige Frage. Viele Hasskommentare kann man ignorieren, da ist Hopfen und Malz verloren. Manchmal sperre ich Leute auf den sozialen Medien, wenn sie übertreiben. Wenn ich ins Stadion fahre, switche ich in den Business-Modus. Privat mit meiner Tochter bin ich verletzlicher.

Eine Anzeige habe ich erst einmal gemacht. Da schickte mir jemand wiederholt eklige Schmuddelbriefe, das machte mir Angst. Gerade bei Drohungen kann man nicht abschätzen, wer dahintersteckt und wie gefährlich jemand ist.

Wer anständig schreibt und ehrlich interessiert ist, dem antworte ich auf Kritik. Die Leute sind dann oft überrascht, von mir zu hören – sie merken erst dann, dass sie einem Menschen aus Fleisch und Blut geschrieben haben und nicht einer Kunstfigur.

Natürlich erhalte ich auch viele positive Rückmeldungen, die darf man nie vergessen. Eine Staatsanwältin fand es zum Beispiel toll, wie selbstverständlich ich als Mutter an den Arbeitsplatz zurückgekehrt bin. Oder eine Mitarbeiterin sagte mir einmal, ich sei ein gutes Vorbild. Solidarität unter Frauen spornt mich an, meine Meinung zu sagen. So habe ich gelernt, meine Stimme zu nutzen und mich gleichzeitig abzugrenzen, wann immer es nötig ist. Dann ziehe ich meinen unsichtbaren Teflon-Mantel an, der mich in kritischen Situationen schützt.

Ich habe die Fähigkeit entwickelt, im Sturm zu stehen und zu warten, bis er vorüber ist.

Hasskommentar gegen Steffi Buchli auf Facebook
Quelle: Andrea Klaiber, Anne Seeger und Alexandra del Prete
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Jasmine Helbling, Redaktorin
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