Frau Köppl-Turyna, lohnt es sich, Kitas stark zu subventionieren? 
Das kommt ganz darauf an, was man damit erreichen will. In der ganzen Debatte über Sinn und Unsinn von Kitasubventionen geht es oft um erwerbstätige Mütter. Vergessen gehen die Kinder. Denn ihnen kommt ein gut ausgebautes Kitanetz definitiv zugute. Vor allem sozial benachteiligten Kindern. Ihre Ernährung und ihre Gesundheit verbessern sich, Misshandlungen gehen zurück. Das führt langfristig zu besserer Bildung, weniger Arbeitslosigkeit, weniger Ungleichheit. Und höherer Produktivität.

Partnerinhalte
 
 
 
 


Die Subventionen in die Kinderbetreuung verpuffen also nicht, wie kritisiert wird? 
Nein. Der Staat bekommt das Geld mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit sogar eins zu eins zurück. Nicht vernachlässigen darf man, dass Kitas die Integration von Kindern mit migrantischen Wurzeln fördern. Und ihren Eltern die Chance geben, am Arbeitsmarkt stärker teilzunehmen und in der Gesellschaft anzukommen. 

Monika Köppl-Turyna

Monika Köppl-Turyna.

Quelle: Caio Kauffmann
Zur Person

Monika Köppl-Turyna ist die erste Frau, die in Österreich alleine an der Spitze eines grossen Wirtschaftsforschungsinstituts steht. Als Direktorin von Eco Austria beschäftigt sich die gebürtige Warschauerin mit der Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen und der Rolle von Müttern auf den internationalen Arbeitsmärkten. Sie ist Mutter von zwei Kindern.

Und was ist mit dem Ziel, mehr Mütter zurück in den Job zu bringen? 
Wenn wir als Gesellschaft hoffen, dies alleine mit subventionierten Kitaplätzen hinzukriegen, sind wir ziemlich auf dem Holzweg. Berufstätigen Müttern steht leider mehr im Weg als fehlende oder teure Betreuungsplätze


Zum Beispiel? 
Der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern. Es ist auch eine rationale Entscheidung, wenn sich jener Elternteil mit dem niedrigeren Lohn mehr um die Kinder kümmert. Leider oft die Mutter. Und je länger sie ihre Kinder betreut, desto schwieriger findet sie zurück ins Arbeitsleben. Für Väter gibt es immer noch wenig Motivation, im Job zurückzustecken und sich mehr Zeit für die Kinderbetreuung zu nehmen. Dazu kommen steuerliche Fehlanreize. Es lohnt sich für die Mütter oft nicht, das Pensum aufzustocken, weil die Lohnerhöhung unsinnig hoch besteuert wird. 

Wir können es uns nicht leisten, weibliches Wissen und Können zu lange brachliegen zu lassen. 

Monika Köppl-Turyna

Was ist mit den traditionellen Rollenbildern? 
Die sind hartnäckig, zumindest in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland. Eine europäische Sozialumfrage wollte von Müttern kürzlich wissen, ob Kinder leiden würden, wenn Mütter berufstätig sind. Nur neun von 100 Müttern in Dänemark fanden: ja. In Österreich waren es 47. In der Schweiz wohl ähnlich viele. Auch deshalb bräuchte es eigentlich mehr subventionierte Kitaplätze: Wenn Familien sehen, dass Kinder in der Kita glücklich sind und gefördert werden, dann ist die verteufelte Fremdbetreuung für viele hoffentlich nicht mehr so abschreckend.
 

Ist es denn wichtig, dass Mütter schnell wieder zurück in den Beruf finden?
Aber klar ist es wichtig. Es schützt sie vor grossen Einkommensverlusten und so auch vor der leider oft weiblichen Altersarmut. Ich bin aber zuversichtlich, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bald einsehen werden, dass wir uns in dieser Debatte nicht nochmals zehn Jahre im Kreis drehen können. Da immer mehr Arbeitskräfte fehlen und das demografische Problem grösser und grösser wird, können wir es uns nicht leisten, weibliches Wissen und Können zu lange brachliegen zu lassen. 

Der Beobachter-Newsletter – wissen, was wichtig ist.

Das Neuste aus unserem Heft und hilfreiche Ratgeber-Artikel für den Alltag – die wichtigsten Beobachter-Inhalte aus Print und Digital.

Jeden Mittwoch und Sonntag in Ihrer Mailbox.

Jetzt gratis abonnieren