«Wichtig ist, sich auch zu entlasten»
Angehörige erfüllen den Liebsten oft einen Wunsch und pflegen sie zu Hause. Was das braucht, weiss Anja Nicole Seiwert vom Schweizerischen Roten Kreuz.
Veröffentlicht am 23. Dezember 2020 - 15:38 Uhr
Beobachter: Frau Seiwert, welche Nöte und Bedürfnisse sind pflegenden Angehörigen gemeinsam?
Anja Nicole Seiwert: Pflegender Angehöriger wird man häufig schleichend – oder von heute auf morgen. Die Nöte und Bedürfnisse können deshalb ganz unterschiedlich sein. Bei fortgeschrittener Demenz zum Beispiel können die Menschen nicht allein gelassen werden. Sie gewöhnen sich nur schwer an ein neues Umfeld oder fremde Menschen im Haus. Für Angehörige kann es so zur Dauerbelastung werden. Es gibt auch Jugendliche, die einen Elternteil betreuen.
Fällt es Angehörigen generell schwer, um Hilfe zu bitten?
Definitiv. Wenn sich Angehörige bei uns melden, haben sie häufig schon einen langen Leidensweg hinter sich. Sie trauen sich oft nicht, mit Fremden über die Situation zu sprechen und sich Hilfe zu holen. Und doch ist das sehr wichtig, weil die eigenen Bedürfnisse nicht vergessen gehen dürfen. Die Krankheit kann man nicht ändern. Man kann aber lernen, damit bestmöglich umzugehen, und bereit sein, sich helfen zu lassen, sich für sich selbst Zeit zu nehmen, für soziale Kontakte, für die Freizeit.
«Wir bieten Entlastungsstunden für Angehörige an, die einen dementen Menschen zu Hause pflegen und betreuen.»
Anja Nicole Seiwert, Geschäftsleiterin Rotes Kreuz BL
Wie unterstützen Sie vom SRK Baselland pflegende Angehörige?
Die Angebote der Kantonalverbände können voneinander abweichen. Betroffene informieren sich am einfachsten über die SRK-Website betreuen.redcross.ch. Dort findet man auch das Suchfeld zu seinem Kantonalverband. Wenn sich Angehörige bei uns melden, analysieren wir zuerst die Situation und besprechen Entlastungsmöglichkeiten. Die Unterstützung ist dabei von Fall zu Fall unterschiedlich. Bei älteren Menschen bieten wir vor allem Hilfe im Alltag.
Gibt es besondere Angebote für Angehörige von dementen Personen?
Ja, die gibt es. Bei «Dementia Care» bieten wir Entlastungsstunden für Angehörige an, die einen dementen Menschen zu Hause pflegen und betreuen. Wir veranstalten auch Kurse, in denen Wissen über Demenz oder zur Aktivierung vermittelt wird.
Was für eine Ausbildung haben Personen, die für Sie tätig sind?
Bei der Pflege und Betreuung zu Hause und von Demenzkranken stehen ausschliesslich erfahrene Pflegehelfende SRK im Einsatz, die viel Feingefühl mitbringen.
Zur Person
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit* mit dem Schweizerischen Roten Kreuz entstanden.
Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK), gegründet 1866, ist die grösste humanitäre Organisation der Schweiz mit 53'000 Freiwilligen und 500'000 Mitgliedern und setzt sich für verletzliche und benachteiligte Menschen in der Schweiz und im Ausland ein. Zum SRK gehören 24 Rotkreuz-Kantonalverbände, vier Rettungsorganisationen und zwei Institutionen. Als vom Bund anerkannte, einzige nationale Rotkreuzgesellschaft ist das SRK Teil der weltweiten Rotkreuzbewegung.
* Zusammenarbeit bedeutet, dass ein finanzieller Beitrag an die Produktion des Buches und die Beiträge geleistet wurde. Für den journalistischen Inhalt ist allein die Redaktion verantwortlich.
Betreuung & Erwerbstätigkeit
Silvan Rüegg