«Samstags klären wir Passanten über Scientology auf»
Yolanda Sandoval und Beat Künzi wollen Ahnungslose vor Scientology und deren Masche warnen. Dafür opfern sie ihre Freizeit.
Aufgezeichnet von Andrea Haefely:
Wenn in einer Schweizer Stadt ein Dianetik-Stand steht, sind wir zur Stelle. Wir klären Passanten darüber auf, dass hinter Dianetik die Sekte Scientology steckt. Unsere Arbeit verstehen wir als humanitäre Mission.
Seit Juni letzten Jahres haben wir an dreissig Samstagen unsere «Standeinsätze» geleistet. Während des Lockdowns hatten wir dann plötzlich samstags frei. Am 12. Juni sollte es in Winterthur wieder losgehen. Scientology hatte eine Bewilligung eingeholt. Wir sind aber angebrannt: Sie sind einfach nicht erschienen.
Wir nennen uns Freie Anti-Scientology-Aktivisten, kurz Fasa. Die Sekte beschäftigt uns nicht etwa, weil wir Familienangehörige oder Freunde an sie verloren haben.
Ich, Yolanda Sandoval, bin über meine Tätigkeit als Naturheilpraktikerin auf Scientology gestossen. Unter den verschiedenen Heilmethoden stiess ich auch auf die Bioresonanztherapie, die aus der Küche von Scientology stammt. Je mehr ich mich mit Scientology befasste, desto klarer wurde mir: Diese Sekte ist gefährlich.
Ich, Beat Künzi, wurde schon von meinen Eltern vor der Sekte gewarnt, wollte mir als Jugendlicher aber selber ein Bild machen. Dann habe ich mal eine ihrer Veranstaltungen besucht. Ich fand das alles ziemlich seltsam und bekam sogar ein wenig Angst, weil sie mich fast nicht gehen lassen wollten.
Erst durch unsere Aufklärungsarbeit lernten wir Scientology-Aussteiger kennen. Ihr Schicksal berührt uns sehr und bestätigt uns, dass wir das Richtige machen.
Aufklärung ist dringend nötig. Scientology tritt häufig nicht unter ihrem Namen auf, sondern unter Labels wie Dianetik oder CCHR, die gegen angebliche Missbräuche in der Psychiatrie vorgehen wollen. Sie verstecken sich auch hinter Narconon, «Sag NEIN zu Drogen – Sag JA zum Leben» und «Psychiatrie zerstört Leben».
In der Corona-Krise traten sie in Basel in gelbe Jacken gekleidet als vermeintliche Corona-Bekämpfer auf und verteilten Büchlein mit Hygiene- und Verhaltenstipps. Erst auf der letzten Seite des Booklets wird klar, dass es von Scientology stammt. Vor Weihnachten verkleiden sie sich als Samichläuse und geben Kindern das Büchlein «Der Weg zum Glücklichsein».
In unseren Einsätzen sprechen wir die Menschen an, die sich von den Scientologen in ein Gespräch verwickeln lassen und vielleicht sogar ein Buch gekauft haben. Wir erklären ihnen, wer dahintersteckt und dass es sich um eine fundamentalistische Gruppierung handelt. Dass sie Familien zerstört, weil sie ihre Anhänger von den Angehörigen entfremdet.
Viele sind sich nicht bewusst, mit wem sie es zu tun hatten, und danken uns dafür, dass wir sie aufgeklärt haben. Manche bringen auch das Buch, das sie gerade gekauft haben, zurück.
Mit der Gruppe «Gewaltfreie Aktion gegen Scientology» haben wir nichts zu tun. Ihr Auftreten war uns zu forsch. Wir sind bewusst korrekt und freundlich. Und wir erkundigen uns immer bei der Gemeinde und der Polizei nach den Auflagen: Wie weit müssen wir vom Stand entfernt sein? Wie viele Personen dürfen gleichzeitig aktiv sein? Bis heute haben wir keine einzige Anzeige am Hals.
Wir lassen uns auch nicht provozieren, obwohl es nicht immer einfach ist, Ruhe zu bewahren. Wir werden immer wieder beschimpft und fotografiert, und man stellt uns nach.
Langsam erreichen wir auch die Politik. Im Baselbiet hat GLP-Landrat Yves Krebs das Postulat «Sektenfreies Baselbiet» eingereicht. Er sah letzten Herbst auf unserer Facebook-Seite, dass Scientology in Liestal Stände aufstellen wollte. Das Postulat verlangt vom Kanton Informationen darüber, was er in Sachen Sekten unternimmt. Es wurde mit 74 zu einer Stimme angenommen. Das hat uns Mut gemacht.
12 Kommentare
Leider sehr einseitiger Artikel ohne eine Stellungnahme von Scientology anzufragen. Denn so hätte man nämlich erfahren können, dass die zwei in St.Gallen 20 Meter Abstand halten müssen, und erst kürzlich wurden sie in Luzern von der Polizei verscheucht und ihnen untersagt einen Infostand zu stören. Ganz abgesehen davon, dass es wohl keine Facebook Seite, wie die ihre, gibt, die derart viele objektiv falsche Infos beinhaltet (und bereits eine Strafanzeige hängig ist), ganz abgesehen von Verunglimpfungen.
Kritik ok, aber bitte keine Schmähkritik oder fake News.
Wir verwehren uns aufs Deutlichste gegen den Vorwurf der Fake News. Die Anzeige, auf die Sie sich beziehen, war zum Zeitpunkt der Drucklegung noch gar nicht erfolgt.
Um Klarzustellen: Ich habe in keinster Weise den Beobachter bezüglich Facebook gemeint, sondern die Facebook Seite des Ehepaares - man beachte das "ihre" klein geschrieben. Die Anzeige wurde lange vor dem Artikel bei der Polizei deponiert, aber wegen Abklärungen erst später von dort der Staatsanwaltschaft weiter geleitet.
Mein Hauptvorwurf bleibt: uns hat man nicht zu den Vorwürfen befragt.
Keine der im Artikel portierten Informationen ist falsch. Wann die Anzeige angeblich eingereicht wurde, ist unerheblich. Fakt ist, dass sie nicht offiziell an das Ehepaar Sanodvan/Künzi ergangen ist, die beiden also nicht wissen konnten, dass sie existiert.
Danke Herr Stettler, dass du die Sache klarstellst, leider ist es scheinbar nicht selbstverständlich dass über ein Thema objektiv berichtet wird.
Es gibt einen einfachen Schutzsatz:
"Ich halte mich fern von Menschen und Organisationen, welche meine Freiheit und meinen erarbeiteten Besitz rauben wollen"
Zu den Menschen sollte man vor allem bei Machtmenschen sehr bedacht sein. Die Organisationen müssen nicht unbedingt als Sekten auftreten, es kann sich auch um politische Parteien handeln, welche subtile Ängste schüren um daraus politisch Kapital zu schlagen. Auch bei "Wissenschaftlern" sollte man nicht zu unkritisch sein welche mit etwas "Unsichtbarem" Ängste schüren. Auch Versicherungen und die Medizin operieren mit Ängsten um ihre Produkte besser verkaufen zu können.
Für mich ist das Diffamierung - verpackt in Hipster Begriffen wie AKTIVIST.
Den wahren Aktivisten die für eine gerechte Sache eintreten, tut man keinen Gefallen. Aktivisten sind offenbar nun auch Leute die diskriminieren und ausgrenzen. Schade!
Hallo Maritha - vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir grenzen nicht aus, wir klären lediglich auf, sensibilisieren und warnen von dieser gefährlichen Psychosekte, die als einzige auf dieser Welt einen eigenen Geheimdienst hat, genannt OSA - Office of Special Affairs. Ihre Reaktion buchen wir in den 0,1 % ab, welche entweder Scientologen oder Zeugen Jehovas sind. Der andere, verschwindend kleine Teil ist auch OK. Was wir bei Ihnen, Maritha, zu schätzen wissen, ist Ihre sachliche Art. Wir wurden vom Pressesprecher und auch während unseren Aktionen als "Nazis", religiöse Rassisten und als Faschisten bezeichnet. Sie hingegen sprechen lediglich von Diffamierung, auch wenn es dies wirklich NICHT ist. Wir wünschen Ihnen alles Gute und senden Ihnen beste Grüsse aus dem Oberbaselbiet.
Mutig! Aber leider auch nötig. Macht weiter und dazu wünsche ich Euch Kraft und Ausdauer.