Stein im Reis
Man beisst auf ein Steinchen, und der Zahn bricht. Wer zahlt?
Veröffentlicht am 28. Oktober 2014 - 08:58 Uhr
Eine 46-jährige Frau meldete ihrer Krankenkasse einen Zahnunfall. Beim Essen von Wildreis habe sie auf einen «Mini-Stein» gebissen und nur noch Sternchen gesehen. Der Zahn war mehrfach gespalten. Die Krankenkasse wollte die Behandlungskosten nicht übernehmen. Begründung: Das Beissen auf einen Stein wäre zwar ein Unfall. Doch der Stein sei nicht mehr vorhanden. Also sei es gut möglich, dass es sich um ein ungenügend gekochtes Reiskorn gehandelt habe – das wäre dann kein Unfall. Diese Beweislosigkeit gehe zulasten der Frau.
Die Frau erhob Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Der Einzelrichter würdigte den Fall anhand von Bundesgerichtsurteilen und gab der Frau recht. Er hielt fest, der Stein als ungewöhnlicher äusserer Faktor müsse nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden. Die Angaben der Frau zum Unfallhergang, zur Beschaffenheit des Steins und zu den Gründen, weshalb sie ihn weggeworfen habe, seien von Beginn an präzis, vollständig und widerspruchsfrei gewesen – und daher glaubhaft.
Die Haltung der Kasse würde hingegen dazu führen, dass bei Fehlen des Gegenstands praktisch nie ein Leistungsanspruch entstünde – das entspräche nicht Sinn und Zweck der bundesgerichtlichen Rechtsprechung.
Verwaltungsgericht Bern, Entscheid vom 4. August 2014 (200 2014 257)