Damit der letzte Wille geschehe
Eine Erbschaft kann für Familien leicht zur Zerreissprobe werden. Der Willensvollstrecker hilft, ein Trauerspiel zu verhindern.
Veröffentlicht am 31. Mai 2018 - 09:49 Uhr,
aktualisiert am 31. Mai 2018 - 09:43 Uhr
Nicht immer verläuft die Erbteilung harmonisch. «Die Neue hats nur auf Vaters Geld abgesehen», «der Lieblingsbruder wurde bevorzugt» oder «der listige Schwager hintertreibt die Erbteilung» - so tönt es oft am Beobachter-Beratungstelefon.
Nicht immer geht es wirklich ums Geld. Manchmal sind auch verletzte Gefühle und Missverständnisse schuld am Familienzwist. Mit einer umsichtigen Vorsorge zu Lebzeiten lässt sich das Konfliktpotential erheblich mindern. Ein Mittel dazu ist der Willensvollstrecker.
Hat der Erblasser im Testament nichts Spezielles angeordnet, hat der Willensvollstrecker folgende Hauptaufgaben:
- Er ermittelt die Erben und weitere im Testament bedachte Personen und errichtet ein genaues Nachlassinventar.
- Er verwaltet den gesamten Nachlass, treibt also Forderungen des Verstorbenen gegenüber Dritten ein, richtet Vermächtnisse aus und bezahlt die Schulden. Er muss das Erbe auch bewirtschaften, allenfalls sogar Liegenschaften vermieten oder die Liquidation eines Unternehmens besorgen. Deshalb hat er bis zur Teilung der Erbschaft auch allein Zugriff auf die Bankkonten des Verstorbenen und das Recht, über die Nachlassgegenstände zu verfügen.
- Schliesslich bereitet er die Teilung der Erbschaft nach den Anordnungen im Testament vor. Diese durchführen darf er allerdings nur mit dem Einverständnis aller Erben.
Sie können jede urteilsfähige und mündige Person einsetzen. Das kann ein Miterbe wie der Ehepartner, eine Freundin oder ein Fachmann wie ein Notar sein. Auch eine juristische Person, beispielsweise eine Bank, können Sie einsetzen. Der Willensvollstrecker muss diesen Posten nicht annehmen. Er kann auch jederzeit zurücktreten. Deshalb ist es sinnvoll, im Testament eine Ersatzperson zu bestimmen.
In der Praxis haben sich ein bis drei Prozent vom Bruttonachlass eingebürgert. Laut Bundesgericht sind diese Prozentregeln aber nur in Ausnahmefällen zulässig, da nach Gesetz die Entschädigung angemessen zu sein hat. Hierfür eignet sich ein Honorar nach dem geleisteten Zeitaufwand besser. Beim Stundenansatz kann dann die Höhe des Nachlasses und der Schwierigkeitsgrad der Arbeiten berücksichtigt werden.
Der Willensvollstrecker hat den Erben jederzeit Auskunft und Einsicht in seine Amtsführung zu gewähren. Dauert die Nachlassabwicklung länger, muss er jährlich einen Rechenschaftsbericht erstellen. Ist sein Mandat beendet, haben die Erben Anspruch auf eine Schlussabrechnung inklusive einer detaillierten Honorarrechnung.
Die Erben können den Willensvollstrecker nicht entlassen. Sie können sich aber bei der kantonalen Aufsichtsbehörde beschweren. Im Kanton Bern ist das zum Beispiel das Regierungsstatthalteramt, im Kanton Zürich das Bezirksgericht. Diese Stelle kann dem Willensvollstrecker Weisungen erteilen, offensichtlich unzweckmässige Anordnungen aufheben und ihm bei groben Fehlern das Mandat entziehen.