Sie will ins Seniorenheim, er nicht: Was nun?
Frage: Meine Mutter möchte ins Altersheim ziehen - auch auf Empfehlung ihrer Ärztin. Mein Vater will aber nicht mit umziehen und droht, nichts zu bezahlen. Darf meine Mutter allein ins Heim?
aktualisiert am 10. Juli 2017 - 10:42 Uhr
Ja. Wenn Ihre Mutter urteilsfähig ist, wenn sie also die Tragweite ihres Entschlusses begreift, kann sie allein über ihren Eintritt ins Altersheim entscheiden und den Heimvertrag abschliessen. Sie braucht keine Zustimmung des Ehemannes. Das Eherecht verlangt zwar grundsätzlich, dass die Ehegatten partnerschaftlich handeln (eheliche Beistandspflicht).
Das Recht hält aber auch dazu an, die Persönlichkeit des Partners zu achten. Das schliesst auch ein, den Entscheid der gesundheitlich angeschlagenen Ehefrau loyal zu akzeptieren, wenn sie den Haushalt nicht mehr führen mag und den Lebensabend in Gesellschaft im Altersheim verbringen will.
Aus der ehelichen Beistandspflicht ergibt sich zudem, dass Eheleute einander auch im Alter finanziell unter die Arme greifen müssen, wenn einer von ihnen seine Lebenskosten nicht mehr allein bestreiten kann. Wie viel der Vater an die Altersheimkosten der Mutter beitragen sollte, kann man zum Beispiel von der Pro Senectute berechnen lassen. Dort wird die Mutter auch über in Frage kommende zusätzliche Einnahmequellen wie Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe beraten. Man hilft ihr und dem Ehemann dort auch, ein neues Budget für beide zu erstellen und im Detail abzumachen, wer welche Rechnungen bezahlt.
Falls sich die Eltern nicht einig werden, kann sich die Mutter ans Eheschutzgericht wenden. Dieses legt im Streitfall den Beitrag des Ehemannes an die Familienkosten fest, die durch den Umzug der Ehefrau ins Altersheim gestiegen sind. Es empfiehlt sich, vor diesem Schritt die allfälligen Sozialversicherungsansprüche wie oben beschrieben von der Pro Senectute berechnen zu lassen.
Möglicherweise kommen Zweifel auf, ob die Mutter in dieser Frage des Umzugs in ein Pflegeheim im rechtlichen Sinn noch urteilsfähig ist oder ob sie zu ihrem Schutz nicht eine professionelle Vertretungsperson braucht, die ihr beisteht.
Hierfür kann sich die Mutter an die Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) wenden. Auch Sie als Angehörige können der Kesb am Wohnsitz der Mutter mitteilen, dass diese Unterstützung braucht.
Im Alter verändern sich die Bedürfnisse ans Wohnen. Wer sich die richtigen Fragen stellt und dabei auch sein Umfeld mit einbezieht, denkt langfristig und zielorientiert. Beobachter-Mitglieder erhalten mit der Checkliste «Aktuelle Wohnsituation im Alter überprüfen» einige Anhaltspunkte für die richtige Wahl.