Absurde Bestimmungen
Eine Goldschmiedin verschickt Schmuck per Einschreiben. Als der Brief verschwindet, will die Post nichts zahlen.
Veröffentlicht am 17. August 2010 - 14:18 Uhr
Den Familienschmuck einer Kundin verschickte die Berner Goldschmiedin Katrin Keller extra eingeschrieben in einem neutralen Kuvert. Die Ringe kamen nie an. Nach Wochen schrieb die Post lapidar: «Abklärungen haben ergeben, dass Ihre Briefsendung nicht beim Empfänger zugestellt worden ist.»
Nun begann der Ärger erst richtig. Denn vom Familienschmuck gab es keine Kaufbelege mehr. Trotz peinlich genauen Beschreibungen schaltete der gelbe Riese auf stur und wollte nicht zahlen.
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen für eingeschriebene Briefe sind kompliziert. Geht ein solcher Brief verloren, bezahlt die Post maximal 500 Franken. Übersteigt der Wert aber eine bestimmte Limite, haftet die Post gar nicht mehr. Absurdes Resultat: Ist Schmuck mehr wert als 2000 Franken, zahlt die Post nichts, nicht einmal 500 Franken. Für Edelmetall oder Reka-Checks gilt dies bereits ab einem Wert von 1000 Franken. Wegen dieser Bestimmungen verliert die Schweizer Reisekasse jedes Jahr einen sechsstelligen Betrag.
Das müsste nicht sein. Wie eine kundenfreundliche Lösung aussieht, zeigen die SBB. Dort entscheiden die Reisenden, wie ihr Gepäck versichert wird. Pro 1000 Franken Deckung zahlen sie fünf Franken. Simpel und massgeschneidert. Weshalb übernimmt die Post nicht einfach dieses bewährte System? «Unsere Produktpalette für den Versand ist schon heute sehr breit», blockt Mediensprecher Oliver Flüeler ab. Wer Wertsachen besser versichern will, darf sie nicht im Brief verschicken, sondern muss sie in viel teurere Pakete packen. Aber auch damit kann man Wertsachen höchstens bis 5000 Franken versichern.
Der Goldschmiedin Katrin Keller zahlte die Post übrigens doch noch 500 Franken – kurz nachdem sie sich an den Beobachter gewandt hatte.
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