Bio kaum besser als Plastik
Die Kundin wollte Bio-Becher, geliefert bekam sie Ware aus Fernost. Ein Grund sich aufzuregen?
Veröffentlicht am 21. Januar 2019 - 12:04 Uhr,
aktualisiert am 16. Januar 2019 - 17:23 Uhr
So hatte sich das Sara Romano* nicht vorgestellt: «Made in China» stand auf dem Karton mit den Bio-Kaffeebechern, die sie für die Standaktion ihrer Firma bestellt hatte. «Ich fühlte mich verarscht», sagt die Sekretärin aus Zürich.
Wenn schon Einweggeschirr, dann so umweltfreundlich wie möglich, hatte sie gedacht – und darum bei der Firma mit dem Namen Handelgrün aus dem Kanton Basel-Land bestellt: 1000 Stück Take-Away-Trinkbecher aus Karton mit Innenbeschichtung aus Biokunststoff PLA, «biologisch abbaubar und kompostierbar» sowie «aus Holz aus zertifiziert nachhaltiger Forstwirtschaft erzeugt». Auf den Bechern selbst prangt die Aufschrift «weniger CO2». «Dass sie von China hierher gekarrt werden, stand auf der Website hingegen nirgends», ärgert sich Romano.
Adrian Gübeli, Geschäftsführer der Handelgrün AG, kann nicht nachvollziehen, wie die Kundin reagiert. «Wir versprechen nachhaltige Verpackungen aus nachwachsenden und recycelten Rohstoffen, das halten wir ein.» In der Schweiz hergestellte Becher gebe es auf dem Markt gar nicht. Grundsätzlich setze seine Firma auf einheimische Produkte, nur wenn die Alternativen fehlten, greife man auf Asien zurück. Zum weiten Transportweg, den sein «ökologisches Bio-Einweg-Geschirr» zurückgelegt hat, sagt Gübeli: «Geschirr aus Pflanzen belastet die Umwelt weniger als Plastikgeschirr , für das Erdöl benötigt wird.»
Stimmt das? «Es ist richtig, dass der Transport häufig überschätzt wird, wenn es um die Umweltbilanz eines Produkts geht», sagt Felix Meier, Geschäftsleiter der Stiftung Pusch - Praktischer Umweltschutz. Trotzdem hält er wenig von Bio-Einweggeschirr. Vor allem, wenn es aus dem Biokunststoff PLA hergestellt wird, der meist auf Maisstärke basiert. «Maisanbau im grossen Stil belastet die Umwelt stark, da er wertvolle Ressourcen frisst und den Boden stark belastet», sagt Meier.
So steht es um die Ökobilanz von Verpackungen
Anders als von den Händlern und Herstellern oft behauptet, sei das Bio-Geschirr auch nicht kompostierbar. Im Haushaltkompost würde die Verwesung Jahre dauern. Und in der Bio-Tonne könnten es die Werk-Mitarbeiter nicht von normalem Plastik unterscheiden, weshalb sie das Geschirr mühsam herauslesen müssten. «Die Werke akzeptieren deshalb keinen Biokunststoff in der Sammlung.» Dass Biokunststoff umweltfreundlicher sei als herkömmlicher Plastik, würde Meier darum nicht unterschreiben.
Statt Einweggeschirr, egal ob Bio oder nicht, empfiehlt der Umweltexperte deshalb immer Mehrweggeschirr. Allerdings sei zu beachten: Damit der Umwelt-Effekt eintritt, muss jeder Mehrwegbecher und Mehrwegteller mindestens fünf Mal benutzt werden.
* Name geändert