Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Alt Bundesrat Adolf Ogi und die Post werben für eine angeblich kostbare Kollektion vergoldeter Briefmarken. Doch dieses Angebot ist höchstens etwas für sehr idealistische Sammler.
Veröffentlicht am 29. März 2005 - 10:00 Uhr
Fehlt das legendäre «Basler Dybli» von anno 1845 in Ihrer Briefmarkensammlung? Oder die Alinghi-Sondermarke von 2003? Jetzt können Sie beide erwerben – zumindest als Replika, in Silber eingraviert, mit einem Hauch Gold verziert. Die «Collection Helvetia» umfasst 19 weitere Briefmarken sowie vier historische Banknoten und wird in einer Holzkassette geliefert. Das Ganze ist nicht ganz billig: Fr. 128.50 kostet jede der im Monatstakt verschickten Preziosen, macht total Fr. 3212.50. Doch die Kollektion verkörpere «die zeitlosen Werte einer Nation», rühmt alt Bundesrat Adolf Ogi in der Hochglanz-Werbebroschüre.
Der laut Ogi «bleibende Wert» der Kollektion ist zweifelhaft. Philatelisten erinnern sich an eine ähnliche Sammlung vergoldeter Marken, die vor 25 Jahren von der gleichen Firma herausgegeben wurde – sogar der Name war mit «Collection Helvetica» fast identisch. «Rund ein Dutzend meiner Bekannten hatten die damalige Kollektion für etwa 2400 Franken gekauft», weiss Dieter Weigele, Präsident des Philatelistenvereins Toggenburg. Etwa zehn Jahre später tauchten erste Sets an Auktionen auf – wer überhaupt einen Käufer fand, musste sich 90 Prozent der Kaufsumme ans Bein streichen. Mehr als den Materialwert bezahlen wollte kaum jemand.
«Mit der aktuellen Kollektion wird es gleich laufen», ärgert sich Rolf Rölli, Auktionator in Luzern. «Aus Sammlersicht sind dies keine echten Briefmarken.» Vor allem im Zusammenhang mit Erbschaften kommen immer wieder Leute mit ähnlichen Sammlungen zu Rölli – und sind enttäuscht zu hören, dass es für solche Liebhaberstücke wie auch für Jubiläumsmünzen praktisch keinen Markt gibt.
Dieser Sachverhalt sei nicht abgeklärt worden, bevor Adolf Ogi seine Zusage gegeben habe, für das Kommerzprojekt zu werben, räumt die Pressesprecherin des Exbundesrats ein. «Aber Adolf Ogi versteht den bleibenden Wert auch mehr als ideelle und patriotische Sache; das Ökonomische steht dabei nicht im Vordergrund.» Sein Honorar von 5000 Franken liess er denn auch an eine gemeinnützige Stiftung überweisen.
Die Schweizer Post verdient doppelt am teuren Angebot: über Lizenzgebühren für die Nachprägung der Briefmarken und indem die Werbebroschüre an die Abonnenten der Post-Kundenzeitschrift «Die Lupe» (Auflage: 230000 Exemplare) verschickt wurde. Wie viel die Post kassiert, will Sprecher Dario Ballanti nicht sagen. Die Post spielt aber eine wichtige Rolle. Dies zeigt sich auch daran, dass Interessenten ihre Bestellungen nicht an die hinter dem Angebot steckende Firma Hallmark schicken sollen, sondern an den hauseigenen Philateliedienst.
Fast gleich wie Ogi argumentiert die britische Firma Hallmark. «Unsere Kollektionen sind für den Familienbesitz gedacht und nicht als Investitionsobjekte», sagt Direktor Anthony Wainwright. Folglich redet er nur ungern über den eigentlichen Materialwert der für insgesamt über 3000 Franken verkauften Noten und Marken: Es sind rund 200 Franken. Dass die aus einer zwei Millimeter dünnen Silberschicht bestehenden Preziosen noch eine hauchfeine Goldschicht aufweisen, ist eher wertmindernd: Um den Materialwert zu erzielen, müssen Verkäufer ihre Marken meist einschmelzen lassen, und dabei stört der Goldhauch nur.
Adolf Ogi erhält übrigens keines dieser teuren Sets. «Er hat schon genug Dinge zu Hause rumstehen», sagt seine Pressesprecherin.