Apothekentaxen: Chaos statt Transparenz
Im Beobachter-Apothekentest 2002 verrechneten neun von 20 getesteten Apotheken eine Patiententaxe, obwohl sie im konkreten Fall keinen Sinn macht.
Seit dem 1. Juli 2001 gilt in den Apotheken das leistungsorientierte Abgeltungsmodell (LOA). Neu setzt sich der Preis eines rezeptpflichtigen Medikaments aus einem Grundpreis und von diesem unabhängig einer Apotheker- sowie einer Patiententaxe zusammen.
Die Apothekertaxe beträgt Fr. 4.20 pro Rezeptzeile. Der Betrag umfasst die Leistungen des Apothekers: Überprüfung des Rezepts, Kontrolle eventueller Risiken oder Nebenwirkungen, Abklärungen der Therapiedauer sowie Hinweise auf Gebrauch und Aufbewahrung. Die Patiententaxe (Fr. 7.35) erhält der Apotheker für die Erstellung und Führung eines Patientendossiers. Diesen Betrag bezahlen die Kunden alle drei Monate.
Der Schweizerische Apothekerverband schreibt in seinem Informationsblatt: «Es handelt sich nicht um zusätzliche Taxen. Die beiden Beträge waren früher im Medikamentenpreis eingerechnet, während sie heute separat auf der Rechnung erscheinen. Der Vorteil für die Patienten: höhere Kostentransparenz.» Statt Transparenz schaffen die Taxen aber Verwirrung: So kostet Ponstan 500 heute zwischen Fr. 13.70 und Fr. 25.55.
Im Test verzichteten elf von 20 Apotheken auf die Patiententaxe. Die Begründung: «Ein Patientendossier macht nur Sinn für Stammkunden.»
Stur sind die neun Apotheken, die eine Patiententaxe verlangten, obwohl die Kundin offensichtlich nicht in der Nähe wohnt und kein zweites Mal in diese Apotheke kommen wird. Begründung: die vertragliche Abmachung zwischen Apotheken und Krankenkassen.
Für Simonetta Sommaruga, Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, ist dieser Zustand untragbar: «Die Patienten sollen selber entscheiden dürfen, ob für sie ein Patientendossier geführt werden soll oder nicht.» Die Patiententaxe sei ein teures Kundenbindungsprogramm und mache nur in der Stammapotheke Sinn.
Die Solothurner Bahnhof-Apotheke zog aus dem Beobachter-Test ihre Konsequenzen und erhebt künftig die Taxe nicht mehr in jedem Fall. «Der mündige Kunde darf selber entscheiden, ob er von den Vorteilen eines Patientendossiers profitieren will», sagt Apotheker Markus Meier.