Fauler Trick mit Fantasiemedaillen
Raffiniert bringt die Firma Göde ihre Medaillen mit den Gedenkmünzen des Bundes in Verbindung. Der Haken: Sie sind nicht offiziell und haben keinen amtlichen Kurswert.
Veröffentlicht am 20. April 2001 - 00:00 Uhr
«Sie zählen zu den Bevorzugten, die diese äusserst begehrte Gedenkmünze ‹Fête des Vignerons› besitzen können», heisst es diesmal: Geradezu magnetisch zieht der Briefkasten von Rentner Hugo Fleury «verlockende» Angebote an. Absender der Post ist das «Helvetische Münzkontor». Mit diesem Namen schmückt sich die deutsche Göde GmbH mit Zweigniederlassungen in Wil SG und Kirchberg SG.
Göde rechne mit einer hohen Nachfrage nach der «weltweit begehrten» Schweizer 5-Franken-Sondermünze und habe deshalb ein strenges Auswahlverfahren eingeführt. Als Auserwählter komme Fleury innerhalb von zehn Tagen noch zum amtlichen Ausgabepreis von nur fünf Franken zum Zug.
Der Winzerfest-Fünfliber aus dem Jahr 1999 stammt aus der Serie Gedenkmünzen über Schweizer Bräuche, die die eidgenössische Münzstätte Swissmint herausgibt. Die diesjährige Ausgabe zeigt das Zürcher Sechseläuten, die letztjährige war der Basler Fasnacht gewidmet. Alle drei haben einen amtlichen Kurswert und können jederzeit bei Post, SBB oder der Nationalbank gegen ein normales Fünffrankenstück eingetauscht werden.
Überrissene Preise
Wer die Sondermünzen also für fünf Franken kauft, ist vor Verlust gefeit. Doch aufgepasst: Die amtliche Gedenkmünze dient der Firma Göde nur als Lockvogel. Wer nämlich den «Abrufschein» für das Fünffrankenstück unterschreibt, erhält künftig «alle weiteren Ausgaben der Edition ‹Historia Helvetica›».
Nur: Diese «Historia Helvetica» hat mit den amtlichen Schweizer Münzen rein gar nichts zu tun. Es handelt sich dabei um Medaillen ohne amtlichen Kurswert. Göde verschickt sie an Abonnenten – einmal im Monat zum «günstigen Vorzugspreis» von Fr. 79.50 pro Stück. Für Hans-Peter Capon vom Verband Schweizerischer Münzhändler sind solche Preise überrissen. «Oft staunen die Erben einer Sammlung nicht schlecht, wenn sie den Ankaufspreis mit dem heutigen Wert vergleichen.»
Keine Bank kauft die nennwertlosen Silbermedaillen Gödes zurück. Selbst das Einschmelzen lohnt sich nicht. Die Kosten dafür sind höher als der Silberwert. Und die Chance, dass die Medaillen bei Liebhabern irgendwann einmal hoch im Kurs stünden, sei verschwindend klein, sagt der Zürcher Schätzungsexperte Hans-Ulrich Wartenweiler.
Doch Göde vermarktet ihre nennwertlosen Medaillen äusserst gerissen: Die Firma bringt sie in der Werbung regelmässig mit den Sammlermünzen des Bundes in Verbindung und gibt sich auch mit der Bezeichnung «Helvetisches Münzkontor» einen offiziellen Anstrich. Beides zusammen führt immer wieder dazu, dass Hobbysammler die Göde-Medaillen mit offiziellen Münzen verwechseln, wie Kurt Rohrer, Leiter der offiziellen eidgenössischen Münzstätte, bestätigt. «Vermutlich würde aber die rechtliche Grundlage zum Verbieten des Namens ‹Helvetisches Münzkontor› fehlen», befürchtet Rohrer.
Bei der Justiz ist Göde kein unbeschriebenes Blatt: 1998 belegten deutsche Richter Göde wegen der Werbekampagne für eine 10-Euro-Medaille mit einem Werbeverbot. Auch in der Schweiz hat das eidgenössische Finanzdepartement in diesem Zusammenhang gegen Göde geklagt. Der Fall ist immer noch beim Untersuchungsamt in Gossau SG hängig. Und 1999 hat die Schweizerische Kommission für Lauterkeit in der Werbung die Werbemethoden Gödes als «aggressiv» eingestuft.
Sammelleidenschaft lässt nach
Auch die diesjährige Werbebotschaft sollte man auf keinen Fall für bare Münze nehmen: «Der Ausdruck ‹äusserst begehrt› für die Winzerfest-Sondermünze ist übertrieben», bestätigt Kurt Rohrer von der Herausgeberin Swissmint. Die Sammelleidenschaft ist insgesamt am Erlahmen: Swissmint verkaufte im letzten Jahr für sieben Millionen Franken Münzen – zwei Millionen weniger als budgetiert – und musste sogar Gedenkmünzen im Wert von vier Millionen Franken zurücknehmen. Ein guter Teil davon stammt aus aufgelösten Sammlungen von Privaten.