Die alte WAP-Socke
Das Schweizer Fernsehen setzt bei Gewinnspielen auf Steinzeit-Technologie – um mehr Geld einzunehmen, sagen Kritiker.
Veröffentlicht am 29. März 2016 - 13:33 Uhr
Die Zuschauer klatschen, als Susanne Kunz in der Spielshow «1 gegen 100» den Publikumspreis ankündigt. Kunz erklärt, dass man auch gratis per WAP an der Verlosung teilnehmen könne. «WAP? Was ist denn das?», fragt sich mancher Zuschauer. «Die WAP-Technologie ist so obskur, dass die meisten Teilnehmer vermutlich dennoch die Telefonnummer für 80 Rappen wählen und so SRF zusätzliche Einnahmen verschaffen», sagt der Zürcher Anwalt und Internetexperte Martin Steiger. SRF setzt bei Gewinnspielen seit Jahren auf die alte Technologie «Wireless Application Protocol» – sie entspricht dem Lotteriegesetz, das Gratis-Teilnahmemöglichkeiten fordert.
SRF-Sprecherin Andrea Wenger rechtfertigt den Einsatz der Antik-Technik: «Der Begriff WAP wird von Print- und elektronischen Medien als Synonym für die Gratisteilnahme verwendet.» So erfolgten etwa bei Eishockeyspielen regelmässig über die Hälfte der Gratis-Wettbewerbsteilnahmen per WAP.
Doch eigentlich könnte man statt einer WAP-Adresse auch eine gewöhnliche www-Adresse angeben. «Dagegen spricht in erster Linie die Sicherheit der Wettbewerbsteilnehmer, die uns sehr wichtig ist: Die Internetseiten für Mobiltelefone, also WAP, erlauben einen besseren Schutz als normale Webseiten», so Wenger. Tatsächlich wird per WAP die Telefonnummer des Smartphones übertragen. Damit kann sichergestellt werden, dass ein rechtmässiger Gewinner gezogen wird und keiner, der das Webformular böswillig manipuliert. Doch die Argumentation verlaufe im Leeren, so Computersicherheitsexperte Peter Heinzmann von der Hochschule Rapperswil. «SRF gibt nur vor, die WAP-Technologie zu benutzen, im Hintergrund läuft eine normale Website ohne klare Identifikation über die Telefonnummer, wie das bei WAP der Fall wäre.»
Leider könne man «aus verständlichen Gründen» keine weiteren Angaben zu Sicherheitsvorkehrungen machen, erklärt SRF, aber: «Wir prüfen mögliche Alternativen der Bezeichnung und Adressierung.»
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