«Bin ich computersüchtig?»
Gute Computerspiele haben Suchtpotential. Das sind die Symptome einer Abhängigkeit.
Veröffentlicht am 19. Dezember 2013 - 14:32 Uhr
Frage von Lukas B.: «Ich liebe Computerspiele über alles und verbringe viel Zeit damit. Meine Freundin beklagt sich jedoch immer häufiger, ich würde sie vernachlässigen. Sie meint, ich sei computersüchtig.»
Der Umgang mit Computern und Computerspielen sorgt immer wieder für Kontroversen. Zweifellos können Computerspiele einem schöne Momente bescheren. Doch fördern sie uns oder schaden sie eher? Werthaltungen und Befürchtungen prallen aufeinander.
Lange Spielzeiten allein sind noch kein Anzeichen von Sucht. Zu einem Problem werden Computerspiele erst, wenn sie den Alltag eines Menschen dominieren. Die Betroffenen sind nicht mehr fähig, frei entscheiden zu können, wann und wie lange sie spielen. Denn sie müssen spielen. Sie geben Hobbys auf, vernachlässigen Beziehungen oder brechen diese ganz ab. Diese Menschen verzichten auf viele Erfahrungen im realen Leben Wenn sie am Spielen gehindert werden, reagieren sie nervös, unruhig und auch aggressiv.
Das Spielen erfüllt viele Funktionen: Es bietet Beschäftigung, Anregung, aber auch Entspannung. Ein intensives Spiel bedeutet ein vollständiges Absinken in eine andere Welt, die mit der realen Lebenssituation wenig zu tun hat.
Unser Hirn braucht Anregung. Wenn wir Herausforderungen bewältigen, belohnt es uns sofort. Es schüttet den Botenstoff Dopamin aus, der den Zellen das Signal vermittelt: Freude über den Erfolg! Weil es sich so gut anfühlt, verlangen wir nach mehr.
Computerspiele sind so aufgebaut, dass sie den spielenden Menschen anregen und ihm alles geben, was er braucht. Durch ein interessantes Layout, verschiedene Welten, die es zu entdecken gilt, mit Musik und Geräuschen fesseln sie die Aufmerksamkeit. Positive Interaktionen vermitteln das Gefühl, anerkannt und geschätzt zu werden. Die Aufgaben sind so gestaltet, dass der Nutzer Herausforderung erleben, diese meistern und sich immer weiterentwickeln und bestätigen kann. Ein interessantes Spiel belohnt den Spieler schnell und immer wieder.
Computerspiele verursachen starke positive Emotionen. Deshalb verfügen sie durchaus über Suchtpotential. Viele, die Spass an Computerspielen haben, kennen das Gefühl: Es fällt schwer, sich von einem Spiel zu lösen, wenn man auf einer Erfolgswelle reitet. Vor allem, wenn die Realität sonst ungleich fader und mühsamer ist oder unangenehme Aufgaben anstehen.
Ob Sie gefährdet sind, dem Spiel eine zu hohe Priorität im Leben zu geben und dafür wichtige Bereiche wie Partnerschaft, Freundschaften und Arbeit zu vernachlässigen, können Sie für sich selber prüfen:
- Mit wem bauen Sie eine stärkere Beziehung auf: mit dem Computer oder mit Ihrer Partnerin?
- Mit wem möchten Sie eine Beziehung haben?
- Gibt es Dinge, die Sie früher gern gemacht haben und die Sie seit einiger Zeit vollkommen vernachlässigen, weil Sie spielen möchten?
- Können Sie ein Spiel unterbrechen und den Computer abschalten?
- Wie würde es Ihnen gehen, wenn der Internetzugang plötzlich blockiert wäre?
Wenn Sie bemerken, dass Sie zu lange am Computer sitzen:
- Kürzen oder streichen Sie die Computerzeit zwischendurch. Sie werden erleben, wie viel Musse Sie plötzlich haben. Auch für die Partnerin: Beziehungen entwickeln sich, wenn man Zeit füreinander hat, dem anderen Aufmerksamkeit schenkt und Erlebnisse teilt.
- Planen und unternehmen Sie öfter etwas in der realen Welt, was Ihnen gut tut und Freude macht. Auch wenn das reale Leben komplizierter ist und Ihnen weniger schnelle Bestätigung gibt: Das Leben hat auch ohne Computer viel zu bieten.
Die problematischen Seiten von Computerspielen werden oft nachlässig behandelt, doch Betroffene sind in ihrem Leben massiv eingeschränkt und schaden sich selbst. Es ist meist nicht einfach, allein einen Weg aus der Abhängigkeit zu finden. Gelingt es Ihnen nicht, sollten Sie eine Fachstelle aufsuchen.
Buchtipp
Petra Schuhler, Monika Vogelgesang: «Abschalten statt Abdriften»; Beltz-Verlag, 2011, 176 Seiten, CHF 41.30