Beobachter: Röbi Koller, Sie verlassen Ende Monat das Schweizer Fernsehen. Was planen Sie für die erste Woche danach?
Röbi Koller: In dieser Woche werden meine Partnerin und ich eine neue Wohnung beziehen.

Beobachter: Sie beginnen nicht nur beruflich, sondern auch privat ein neues Kapitel?
Koller: Es handelt sich insofern um einen Neuanfang, als wir die Wohnung gekauft haben und planen, länger dort zu bleiben.

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Beobachter: Sie künden Ihren Job, weil es Sie nach Freiheit gelüstet. Gleichzeitig binden Sie sich aber an einen festen Wohnort?
Koller: Dieses Festbinden ist rein geografisch. Für Zürich als Wohnort habe ich mich schon länger entschieden. Beruflich suche ich aber eine neue Herausforderung.

Beobachter: Die fehlte Ihnen als «Quer»-Moderator?
Koller: Gefehlt hat mir vor allem die Abwechslung. Nach aussen hin sieht mein Job vielleicht spannend und glamourös aus. Die Sendung am Freitagabend ist aber nur ein kleiner Teil meiner Arbeit. In Tat und Wahrheit handelt es sich dabei um einen Knochenjob.

Beobachter: Es heisst, Sie wollen ein Buch schreiben.
Koller: Ein Teil des Buchs ist bereits geschrieben. Vorderhand werde ich aber nicht mehr zum Schreiben kommen. Ich muss ja von irgendetwas leben.

Beobachter: Sie sind beim Fernsehen zwar berühmt, nicht aber reich geworden?
Koller: Was heisst schon reich. Eigentlich bin ich sehr reich. Weil ich zwei gesunde Kinder, eine liebe Partnerin und einen Traumberuf habe. Wenn man das Reichsein in Millionen von Franken rechnen will, dann bin ich es nicht geworden.

Beobachter: In welchem Bereich gedenken Sie, künftig Ihre Brötchen zu verdienen?
Koller: Darüber kann ich im Moment noch nicht viel sagen. Die zweite Jahreshälfte ist in meiner Agenda noch praktisch leer.

Beobachter: Bereitet Ihnen diese Leere Angst?
Koller: Angst ist ein zu grosses Wort. Aber unsicher fühle ich mich schon ab und zu. Manchmal überwiegt die Freude, bald mein eigener Herr und Meister zu sein. Und manchmal sorge ich mich auch, was auf mich zukommt. Kommt überhaupt etwas? Alle sagen: «Du musst dir keine Gedanken machen – du wirst mit Angeboten überhäuft werden.» Aber was, wenn es nicht so ist?

Beobachter: Sind noch keine neuen Angebote vom
Fernsehen gekommen?
Koller: Nein. Aber ich habe ja auch deutlich gesagt, dass ich eine Zeit lang Pause machen möchte vom Fernsehen. Dass ich moderieren kann, weiss ich. Nun will ich zuerst einmal sehen, was ich sonst noch kann. Und sehen, was es ausserhalb der Fernsehwelt gibt. Wir nehmen uns ja hier immer wahnsinnig wichtig und haben das Gefühl, der Nabel der Welt zu sein.

Beobachter: Ist das Rampenlicht für Sie nicht wichtig?
Koller: Vor der Kamera zu stehen ist sicher wichtig für mich. Aber ich darf davon nicht abhängig sein. Denn: Es wird der Tag kommen, an dem ich nicht mehr gefragt bin.

Beobachter: Glauben Sie, bereits heute aufs Rampenlicht verzichten zu können?
Koller: Ich weiss es nicht. Aber vielleicht will ich genau das spüren: wie es ist, nicht mehr so ausgestellt zu sein. Obwohl ich es immer genossen habe, im Rampenlicht zu stehen. Aber es muss jetzt einfach auch mal möglich sein, davon wegzukommen.

Beobachter: Es gibt doch aber sicher auch Momente, wo es Sie ärgert, von jedem auf der Strasse erkannt zu werden.
Koller: Eigentlich selten. Die Vorteile überwiegen deutlich. Ich gehöre nicht zu jenen, die sich über ihre Bekanntheit beschweren oder die damit kokettieren. Klar, man entwickelt sicher gewisse Strategien – sitzt im Restaurant eher mit dem Gesicht zur Wand. Gleichzeitig ist es aber schön, an vielen Orten mit dem Namen angesprochen und freundlich bedient zu werden.

Beobachter: Fühlten Sie sich in Ihrer Freiheit niemals eingeschränkt?
Koller: Überhaupt nicht – ich bin nicht die Queen. Und in der Schweiz kann man sich ja selbst als «Star» völlig frei bewegen. Klar fühle ich mich etwas mehr beobachtet, aber das gehört halt einfach zu meinem Job.

Beobachter: Man hat in all den Jahren kaum etwas Privates über Sie gelesen – Ihnen selber aber vertrauen die Menschen vor laufender Kamera sehr viel Privates an.
Koller: Von einem Zahnarzt verlangt man ja auch kein Gegenrecht, wenn er einem in den Zähnen bohrt. Ausserdem würde es auch niemandem etwas bringen, wenn ich mein Privatleben nach aussen kehren würde. Bei einer Person, die im öffentlichen Interesse steht, wird alles sehr schnell verzerrt. Jede Trennung, jede Scheidung, jedes Verliebtsein – alles wird in ganz anderem Licht gezeigt, als es eigentlich ist. Und deshalb wirst du halt auch so vorsichtig gegenüber den Medien. Du willst etwas für dich bewahren, etwas, was nur dir gehört.

Beobachter: Sie haben diese Grenze von Anfang an ganz bewusst gesetzt?
Koller: Ich war vor meiner Fernsehzeit zum Glück lange genug im Journalismus, um zu wissen, dass es wichtig ist, diese Grenze gleich am Anfang zu ziehen. Wenn du den kleinen Finger gibst, nehmen sie die ganze Hand.

Beobachter: Was ausser Moderator hätten Sie sonst noch werden können?
Koller: Mein erster Wunsch war, Lehrer zu werden wie mein Grossvater. Später dachte ich an Dolmetscher oder Journalist. Ganz einfach etwas, wo ich Sprachrohr bin.

Beobachter: Auch bei Ihrem Buchprojekt sind Sie weniger der Schriftsteller als vielmehr das Sprachrohr.
Koller: In meinem Buch sollen Menschen zu Wort kommen, die Schweres erlebt haben und die – das ist mir wichtig – gut damit umgegangen sind. Menschen, die in Extremsituationen eine Kraft behielten, über die man nur staunen kann.

Beobachter: Kennen Sie selber solche Krisenzeiten?
Koller: Etwas richtig Schwieriges habe ich in meinem Leben noch nie erlebt. Gut, ich habe eine Scheidung hinter mir. Das war sicher eine happige Zeit. Aber meine Exfrau und ich haben die Situation doch auf eine gute Art und Weise gemeistert. Wie ich selber in einer Extremsituation reagieren würde, weiss ich nicht. Wobei ich glaube, dass ich ziemlich wehleidig wäre. Ich glaube nicht, dass ich diese Kraft hätte, die einige Menschen haben.

Beobachter: Und weshalb erklären sich diese Menschen bereit, derart offen über ihre Sorgen und Ängste mit Ihnen zu reden?
Koller: Weil sie wissen, dass ich sie nie über den Tisch ziehen würde. Ich behandle mein Gegenüber stets mit Respekt, und wir machen vorher ganz genau ab, wo die Grenzen liegen, worüber jemand lieber nicht reden möchte. Ausserdem merken die Gesprächspartner sicher, dass mein Interesse echt ist, dass ich mich wirklich auf sie einlasse. Ich war schon immer ein guter Zuhörer. Es liegt mir, mit unterschiedlichsten Typen von Menschen umzugehen.

Beobachter: Woher haben Sie diese Fähigkeit?
Koller: Nun, meine Eltern sind beide offene und kommunikative Menschen. Und dann gibt es einige Parallelen zu meinem Grossvater, der eine ganze Palette von Tätigkeiten ausübte: Er war nicht nur Lehrer, sondern auch Mundartautor und Wandervater.

Beobachter: Das Wandern scheint ja auch Ihnen im Blut zu liegen.
Koller: Das Wandern weniger. Wenn schon, dann ist es das Bergsteigen, das mich fasziniert. Ausserdem habe ich ja zwei grosse Bergsendungen gemacht: eine auf dem Matterhorn, wo ich selber aufstieg. Und dann die Sendung vom Eiger, die ich von unten her moderierte.

Beobachter: Wie wichtig ist Ihnen denn der berufliche Aufstieg?
Koller: Beruflicher Erfolg ist sicher für jeden Menschen wichtig. Aber wenn für mich eine Karriere im üblichen Sinn von Bedeutung wäre, dann wäre ich weiter in der internen Fernsehhierarchie aufgestiegen – oder ich wäre zumindest bei «Quer» geblieben, das ja zu den prominentesten Sendungen des Schweizer Fernsehens gehört. Aber Erfolg in meinem Beruf kann ich auch in einem kleineren Bereich abseits der Öffentlichkeit haben. Irgendwo in einer Firma oder bei einem Projekt.

Beobachter: Denken Sie auch mal an den Abstieg?
Koller: Eines ist klar: Wenn du irgendwo mal oben bist, dann geht es auf allen Seiten nur noch runter, und niemand hat Lust abzusteigen. Bloss: Freiwillig abzusteigen ist einiges einfacher, als wenn dich andere Leute irgendwann runterschubsen.

Zur Person

Röbi Koller wurde 1957 in Luzern geboren. Nach dem Geschichtsstudium in Zürich arbeitete er bei Radio 24, bevor er 1988 Morgenmoderator bei DRS 3 wurde und gleichzeitig bei der Sendung «Karussell» seine Fernsehkarriere startete. Seit 1996 moderierte Koller die Sendung «Quer» und machte sich dabei einen Namen als subtiler Interviewer.

Schweizer Fernsehgeschichte schrieb Röbi Koller mit seinen «SF Spezial» – Langzeit-Liveübertragungen vor Ort. Im vergangenen Jahr wurde der zweifache Familienvater zum beliebtesten Moderator der Schweiz gekürt und erhielt dafür von der TV-Zeitschrift «TR7» die Auszeichnung «Goldene 7».