Die Menschen pflegen ihre Körper unterschiedlich gründlich. Ihre Arbeitstage sind unterschiedlich lang, ihre Freizeitbeschäftigungen unterschiedlich gesund, und ab und zu finden sie sich in stark beheizten Räumen ein – nackt. Der Körper sondert pro Saunagang bis zu einem halben Liter Schweiss ab. Das Gift, ganz unterschiedlich zusammengesetzt, wird aus den Poren geschwemmt. Die Hauttemperatur erreicht 40 Grad. Das Innere nach aussen kehren – das entspannt.

Wo viel Schweiss fliesst, sammeln sich auch viele Abfallstoffe. Feuchte Räume und nasse Zonen wie ein Tauchbecken sind ein ausgesprochen attraktives Umfeld für Keime. Eine Saunaanlage ist schnell verunreinigt. Gibt es ein Reglement, das das Mass des Tolerierbaren zusammenfasst? Existiert eine Kontrollstelle, die die keimenden Gäste im Auge behält?

Sieben Redaktorinnen und Redaktoren des Beobachters besuchten sieben Saunas. Die Eindrücke und Messungen fielen höchst unterschiedlich aus. Das Tauchbeckenwasser der öffentlichen Sauna im Berner Hotel Ambassador war zwar sauber, dafür lag Staub und Schmutz auf Boden, Liegen und auf Ablagen. Modernste Erlebniswelt mit einer Aquariumwand im Schwitzraum des Wellness Center Zurzach; sein Tauchbeckenwasser weist jedoch hohe Keimwerte auf. Die Besucherin der Volkshaus-Sauna in Zürich ist von der angenehmen Atmosphäre sehr angetan. Die Wasserprobe, die sie mitbringt, überschreitet jedoch den Toleranzwert. Was tun mit den gewonnenen Erkenntnissen und den vom Labor Bachema in Schlieren ermittelten Ergebnissen?

Das Bundesamt für Gesundheit erklärt sich für «nicht zuständig»: Die Aufsicht über die Saunas obliege den kantonalen Laboratorien. Doch auch hier verneint man Kompetenz und Steuerungsmöglichkeiten: Die richtige Adresse sei der Saunaverband.

Aufsehenerregende Testergebnisse


Tatsächlich: Der Saunaverband arbeitet seit vier Jahren an Hygienerichtlinien. Das scheint ein zeitraubendes Projekt zu sein; nennbare Resultate sind bis heute keine vorzuweisen.

Vor vier Jahren gelangte ein Beitrag der TV-Sendung «Kassensturz» zur Ausstrahlung, der für erhebliches Aufsehen sorgte. Der «Blick» titelte in der Folge: «Vorsicht! Nur eine von drei Saunas ist sauber!» Das Konsumentenmagazin «Saldo» forderte: «Schluss mit den schmutzigen Schwitzstuben!» Der damalige Präsident des Saunaverbands kündigte Massnahmen an.

Die Resultate der Beobachter-Stichprobe unterscheiden sich nicht wesentlich von jenen des «Kassensturzes». Drei der sieben getesteten Saunas weisen im Tauchbecken eine Keimzahl auf, die deutlich über dem Toleranzwert liegt (siehe Nebenartikel zum Thema «Beobachter-Test: Drei von sieben Saunas sind ungenügend»).

Walter Zollinger, Mikrobiologe und Hygienespezialist, kommentiert das Resultat diplomatisch: «Ich bin erstaunt, dass man in der ganzen Diskussion nicht weitergekommen ist.» Der Fachmann räumt allerdings ein, dass auch der Besucher die Sauberkeit der Sauna mitbestimme – doch der Betreiber müsse auch mit schmutzigen Kunden umgehen können.

Grundsätzlich sollte ein Milliliter Tauchwasser nicht mehr als 1000 Keime enthalten. Dies entspricht den «hygienischen Anforderungen an das Wasser in den Gemeinschaftsbädern gemäss SIA-Norm 385/1». Es handelt sich hier lediglich um einen Toleranzwert; bei dessen Überschreitung sind krankmachende Wirkungen kaum nachzuweisen. «Eine Gesundheitsgefährdung kann in Schweizer Bädern und Badebecken eigentlich ausgeschlossen werden», sagt Zollinger.

Trotzdem: Ein Saunagast darf erwarten, dass sich im Wasser eines Tauchbeckens keine Fäkalbakterien tummeln. Anhaltspunkt für diese Verunreinigung: In 100 Milliliter Wasser sollte die Art Escherichia coli nicht nachweisbar sein (siehe Nebenartikel zum Thema «Beobachter-Test: Drei von sieben Saunas sind ungenügend»). Der andere Keim, nach dem die Tester Ausschau hielten, heisst Pseudomonas aeruginosa. Er besiedelt gern die Oberflächen von technischen Anlagen und kann die Schleimhaut von Augen und Rachen reizen.

Einige Gäste verhalten sich fahrlässig


Der Toleranzwert benennt einen Anhaltspunkt für die Sorgfaltspflicht; deren Einhaltung liegt in der Selbstverantwortung jedes Betreibers. Grundsätzlich ist aber auch der Kunde miteinbezogen. Wer sich nach dem Aufenthalt in der Hitzekabine ungeduscht ins Tauchbecken stürzt, verhält sich fahrlässig. Ebenso versteht sich von selbst, dass man sich niemals ohne Badetuch auf die Holzbank setzt.

Der Saunaverband zählt heute rund 60 Mitglieder. Nach dem Rücktritt ihres früheren Präsidenten blieb die Verbindung zwei Jahre lang ohne Vorsitz. Ende Oktober 2004 tagte die Generalversammlung und wählte einen neuen Präsidenten: Roland Steiner aus Zürich. «Die Sauberkeit war an dieser Versammlung ein Thema», sagt Steiner. Allerdings stiess man nicht so weit vor, konkrete Werte zu diskutieren. Nicht einmal über die Frage, zu welcher Tageszeit gemessen werden soll, konnten sich die Mitglieder einigen. Je später die Messung, umso verkeimter das Resultat.

Oft wird auf Chlor verzichtet


Die Beobachter-Proben wurden einheitlich zwei Stunden vor Torschluss entnommen. Hans Rudolf Wirz, Geschäftsführer des Volkshauses Zürich, ist über das schlechte Resultat seiner Sauna äusserst erstaunt. «Ich kann Ihnen versichern, dass das Wasser des Tauchbeckens täglich ausgewechselt wird. Auch die Beckenwände werden wöchentlich gereinigt. Vielleicht war am Stichtag ein reichlich unbekümmerter Gast im Haus.»

Pech gehabt? Zugegeben: Ein Test dieser Art ist eine Stichprobe – aber keine willkürliche. Mit ihm verbunden ist auch eine «Glaubensfrage»: chemische Zusätze. Die Sauna in Zürich verwendet zur Aufbereitung des Beckenwassers «aus Prinzip» kein keimtötendes Chlor, wie viele andere Saunas auch. Der Mikrobiologe Walter Zollinger: «Zahlreiche Saunabesitzer stellen sich auf den Standpunkt, Chlor verursache Hautreizungen; deshalb meiden sie seine Anwendung. Auch im Trinkwasser hat es Chlor. Vergessen wir aber nicht: In Frankreich haben sowohl Trink- wie auch Duschwasser einen erheblich höheren Chlorgehalt – ohne gesundheitliche Folgen. Das Argument mit den Hautreizungen ist in der Regel kaum haltbar.»

Viele Saunabesitzer haben keine Möglichkeit, den Verunreinigungsgrad ihres Wasserbeckens selbst zu messen. Offensichtlich fehlt es an Autorität und Druck des Saunaverbands, selbst verbindliche Richtwerte aufzustellen und diese regelmässig zu kontrollieren. Bis heute.

Steiner ist sich des Ernstes der Lage durchaus bewusst. «Ich lege die Hand dafür ins Feuer, dass der Verband nächsten Frühling ein Hygienereglement vorweisen kann.» Na dann.

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Quelle: Prisma