Ernährung: Die Asiaten bitten zum Muntermacher-Zmorge
Fürs Frühstück nimmt man sich zu wenig Zeit, kritisieren die einen. Die anderen stören sich an den klassischen Zutaten. Die asiatischen Ernährungslehren bieten neue Alternativen fürs morgendliche Mahl.
Veröffentlicht am 29. August 2001 - 00:00 Uhr
Milchkaffee, Honigbrot, Joghurt mit Getreideflocken, dazu Orangensaft: Die traditionelle Form des Frühstücks wird mehr und mehr zum Auslaufmodell. So verwenden die Menschen in den industrialisierten Ländern keine Viertelstunde mehr aufs Zmorge. Vielen ist selbst dies zu zeitraubend: Sie kippen den Kaffee im Stehen runter und verzehren das Gipfeli auf dem Weg zur Arbeit. Die Nahrungsmittelindustrie unterstützt den Trend mit Produkten, die «Alles in einem» versprechen: «Schnelle Frühstückdrinks» aus Koffein, Vitaminen, Mineralstoffen, Traubenzucker und Getreidepulver zusammengerührte Designerprodukte sollen das klassische Morgenessen ersetzen.
Der zweite Trend richtet sich gegen die Zusammensetzung des Frühstücks: Ernährungsfachleute der traditionellen chinesischen und der tibetischen Medizin kritisieren dessen Wirkung auf den Körper. Laut Ernährungsexpertin Mona Hunger kühlen Kaffee, Milch, Orangensaft und Joghurt den Körper und rauben wertvolle Energie, statt ihn «bereit zu machen für einen frischen Start in den Tag». Die Fachfrau empfiehlt deshalb Lebensmittel mit einer neutralen oder leicht wärmenden Wirkung: «Für einen sanften Übergang von der nächtlichen Ruhe in die Aktivitäten des Tages eignet sich zum Beispiel Porridge, angereichert mit frisch geraffeltem Apfel und einigen Weinbeeren, dazu ein Orangenblüten- oder ein Grüntee.»
Und wenn man Porridge nicht mag? Niemand solle sich zwingen, etwas zu essen, was ihm nicht schmeckt stärkende Wirkung hin oder her. Wer sich jedoch kurz nach einem herkömmlichen Frühstück wieder müde und kraftlos fühle, sollte ein Experiment mit anderen Nahrungsmitteln wagen. Für Mona Hunger ist entscheidend, dass man lernt, die Wirkung der Nahrungsmittel auf das persönliche Wohlbefinden wahrzunehmen: «Vielleicht erkennt man, dass einem vertraute Essgewohnheiten nicht unbedingt auch gut tun. Eine Ernährungsumstellung fällt dann leichter.»
Für Marianne Botta Diener, Lebensmittelingenieurin ETH und Ernährungsberaterin, sind dies «wertvolle Ansätze», auch wenn es nicht einfach sei, asiatische Ernährungslehren auf westliche Gepflogenheiten zu übertragen: «Klima und Kultur sind so verschieden, dass bei der Umsetzung Vorsicht geboten ist.» Bei einer Neugestaltung des Frühstücks nach tibetischen oder chinesischen Prinzipien solle man sich an heimische Lebensmittel halten und keine einseitigen, rigiden Diäten ohne fachkundige Beratung durchführen. Hunger sei ja keine Krankheit, die man mit Medizin bekämpfen müsse: «Leute, die sich mit ihren Gewohnheiten nicht wohl fühlen, können versuchen, ihr Essverhalten kreativ und lustvoll zu ändern.»
Skeptisch beobachtet die Expertin den Trend zum Instant-Frühstück: «Eine wichtige Voraussetzung für einen geglückten Start in den Tag ist Ruhe und Genuss beim Zmorge. Beides ist mit einem Frühstücksdrink nicht gegeben.» Da sei es allemal besser, sich ans Traditionelle zu halten.