Willkommen im Ayurveda-Blog «Pillen unter Palmen» von Tanja Polli.

In diesem Blog hat die Autorin den Verlauf ihrer dreiwöchigen Ayurveda-Kur in Indien dokumentiert.

Episode 1: Öl gegen Stress
Episode 2: «Du bist, was du verdaust»
Episode 3: Tschüss Chili - grüezi Schoggistängeli
Episode 4: Fleisch oder nicht Fleisch, das ist hier die Frage
Episode 5: Morgenstund hat Gold im Mund
Episode 6: Mit Ayurveda gegen Krebs?
Episode 7: Der Tag der Tage: Cleaning Day
Episode 8: Das Ende vom Anfang

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Das Büffet, das meinen Alltag hier in Südindien bestimmt, ist vegetarisch. Fleisch gibts hier genauso wenig wie Fisch oder Eier. In meinen persönlichen Ernährungsempfehlungen für daheim steht dann aber zu meiner Verblüffung: Gegrilltes und gut gekochtes Fleisch sei gut für mich. Süsswasserfische seien generell gesund, und auch Lachs, Thunfisch und Sardinen seien meiner Gesundheit zuträglich.

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Eine Erklärung ist schnell gefunden: Während der Panchakarma-Kur, der ich mich hier unterziehe, sind Fleisch und Fisch nicht angezeigt, weil beides als schwer verdaulich gilt. Grundsätzlich aber haben Fisch und Fleisch ihren Platz in der ayurvedischen Ernährung. Milch sogar einen besonders ehrenvollen: Sie gilt als das perfekte Stärkungsmittel, soll verjüngend wirken und wird insbesondere Gestressten wärmstens ans Herz gelegt.

Ist «Ahimsa», die Gewaltlosigkeit, nicht ein wichtiges Prinzip des Hinduismus? Soll man das Töten und Verletzen von anderen Lebewesen nicht auf ein Minimum beschränken?

Antworten zu finden, ist nicht einfach. Ayurveda betrachtet den Verzehr von tierischen Produkten vorwiegend aus medizinischer Perspektive. Genauso wie Gemüsen und Kräutern eine Wirkung zugeschrieben wird, gibts auch für den Verzehr von Fisch und Fleisch eine Indikation.  So sollen beispielsweise Schalentiere das Herz stärken und Ziegenfleisch Wunden heilen.

Allerdings wächst auch unter Ayurveda-Praktizierenden die Zahl derer, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Im deutschen Bad Meinberg etwa werden seit ein paar Jahren sogar vegane Panchakarma-Kuren durchgeführt. Ich frage meine Ernährungsberaterin Nitha Gopalam. Sie sagt: Laut Ayurveda solle man jedes Essen, das einem die Natur offeriere, schätzen und geniessen. Dabei lasse ich es dann bewenden, weil ich sich die Frage nach dem freiwilligen Verzicht in einem Land, in dem Millionen hungern, irgendwie seltsam anfühlt.

Aber auch im Westen tun sich Ayurveda-Spezialisten schwer der Fleischfrage. «Das mit der Gewaltlosigkeit und dem Essen ist so eine Sache», sagt beispielweise Franz Rutz, Ayurveda-Naturarzt und Präsident des Verbands Schweizer Ayurveda-Mediziner.

Er halte es da mit allen Ureinwohnern auf diesem Planeten, welche traditionell mit hoher Ehrfurcht und Dankbarkeit Nahrung zu sich nähmen, egal, ob es sich dabei um Pflanzen, Fleisch oder Tierprodukte handle.

Und dann, fügt Rutz an, sei da noch eine Frage, die ihn ganz persönlich beschäftige: «Ist es legitim, in Bezug auf die Gewaltlosigkeit eine Grenze zwischen Pflanzen und Tieren zu ziehen?» Bereits in den achtziger Jahren sei nachgewiesen worden, dass Pflanzen Empfindungen hätten und Reaktionen zeigen könnten. Für ihn sei daher die heutige Auslegung der Frage, wo Gewaltlosigkeit beginne oder aufhöre, zu oberflächlich. «Zwiespalt entsteht dann, wenn das innere Empfinden mit äusseren Vorstellungen in Konflikt kommt», sagt Rutz. Dem könne man nur «entfliehen», wenn die Selbsterkenntnis wachse, und diese Selbsterkenntnis zur Maxime des eigenen Handelns werde.

Ganz ähnlich sieht das Ayurveda-Spezialist Sascha Kriese im Videoclip unten. Und Sie?

Transparenz beim «Beobachter»: Tanja Polli's Reise nach Indien wurde ermöglicht durch Insight Reisen, Zürich. Die redaktionelle Unabhängigkeit war jederzeit gewährleistet.