Hilfe bei Panikattacken
Wer vor Prüfungen von der nackten Panik gepackt wird, leidet stärker, als das Umfeld vermutet. Was Betroffene tun können.
aktualisiert am 3. Juli 2017 - 11:05 Uhr
Ein Blitzlichtgewitter tobt im Kopf. Ein Gedanke jagt den nächsten. Der Körper empfängt nur ein Signal: Panik! Das Herz beginnt zu rasen, die Haut wird schweissnass, Hitzewallungen durchwogen den Körper. Die Atmung flacht ab und wird gepresst.
Wer an Prüfungsangst leidet, kennt diesen Zustand: Oft können die Betroffenen schon Tage vor der Prüfung nicht schlafen, weil ihnen eine Million Gedanken durch den Kopf rasen und das schreckliche Gefühl überhandnimmt, nicht zu wissen, wie man aus diesem Zustand ausbrechen kann. Besonders schlimm ist es für viele, wenn sie mündlich geprüft werden oder vor grossem Publikum referieren müssen.
Prüfungsangst sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen: Der Leidensdruck ist sehr gross, Panikattacken ist man hilflos ausgeliefert. Das Problem ist ernst zu nehmen, da es schwierig ist, diese Ängste selber in den Griff zu kriegen.
Darüber reden ist dennoch nicht einfach. Betroffene fühlen sich häufig nicht ernst genommen, wenn sie anderen davon erzählen. Zudem gesteht sich in der heutigen Leistungsgesellschaft niemand gern ein, dass er Hilfe braucht.
Prüfungsangst lässt sich in der Regel gut behandeln. In leichten Fällen führen Aufklärung, Patientenratgeber und Selbsthilfegruppen bereits zum Therapieziel. Hilfe zur Selbsthilfe bieten die nationalen Anlaufstellen Angst- und Panikhilfe Schweiz (www.aphs.ch) oder die Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression (www.swiss-anxiety.ch).
Bei ausgeprägten Störungen empfiehlt sich eine Behandlung mittels therapeutischer Gespräche und Medikamenten. In der Langzeittherapie sind Antidepressiva die erste Wahl. Bei akuter Angst kommen vorübergehend sogenannte Benzodiazepine zum Einsatz. Diese wirken schnell angstlösend und beruhigend, beeinträchtigen aber die Aufmerksamkeit. Benzodiazepine sollten nur über kurze Zeit und unter Aufsicht eines Arztes eingenommen werden, da bei längerer Einnahme ein Abhängigkeitsrisiko besteht.
- Denken Sie immer daran: Die Angstgefühle und die dabei auftretenden körperlichen Symptome sind zwar sehr unangenehm, aber weder schädlich noch in irgendeiner Weise gefährlich - nichts Schlimmes wird geschehen.
- Steigern Sie sich nicht selbst in noch grössere Ängste hinein, sondern konzentrieren Sie sich darauf, was um Sie herum und mit Ihrem Körper wirklich geschieht. Versuchen Sie, Gedanken wie «Was wird geschehen?» und «Wohin kann das führen?» möglichst zu vermeiden.
- Warten Sie ab. Geben Sie der Angst Zeit, vorüberzugehen. Beobachten Sie, wie die Angst von selbst wieder abnimmt. Laufen Sie nicht davon, sondern akzeptieren Sie die Angst.
- Halten Sie sich Ihre Fortschritte vor Augen. Denken Sie daran, wie zufrieden Sie sein werden, wenn Sie die Angst dieses Mal aushalten.
- Wenn Sie sich besser fühlen, schauen Sie sich um und planen ruhig und gelassen den nächsten Schritt.
Quelle: Wittchen, «Panik-Ratgeber», Karger, 1997
Wer zu einer Abschlussprüfung antreten muss, tut gut daran, die folgenden Tipps zu beachten:
- Die schönen Seiten des Lebens nicht vergessen: Auch die Freizeitaktivitäten gehören in die Planung. Und eine Belohnung, wenn ein Lernziel erreicht ist.
- Kurz und konzentriert lernen: lieber dreimal in der Woche eine halbe Stunde arbeiten (mit einer kurzen Lernpause) als einmal drei Stunden absitzen.
- Wiederholen ist der Schlüssel zum Erfolg: den gelernten Stoff nach zehn Minuten repetieren, nach 24 Stunden nochmals und nach einer Woche erneut. Das geht noch immer am besten mit Karteikarten, die man auch in der Hosentasche überallhin mitnehmen kann.
- Abwechslung macht das Lernen spannend: eine halbe Stunde lang Englisch lernen und dann nach einer Pause eine halbe Stunde Branchenkunde. Nie ähnlichen Lernstoff mischen, das kann verwirren.
- Chaos auf dem Tisch bedeutet Chaos im Kopf: zum Lernen einen Arbeitsplatz einrichten und darauf achten, dass er aufgeräumt ist. Alles, was man nicht zum Lernen braucht, gehört vorübergehend an einen anderen Ort.
- Gähnen hilft: entspannen, bevor man mit dem Lernen beginnt oder wenn man mal nicht weiterkommt. Kräftiges Gähnen, tiefes und langsames Atmen sowie bewusste Muskelanspannung und -entspannung helfen dabei, die Gedanken zu ordnen.
- Mit anderen lernen: Gegenseitiges Abfragen ist eine gute Art, um sein Wissen zu testen. Was man erklären kann, das sitzt.
- Locker bleiben: Am Abend vor der Prüfung nicht mehr büffeln. Kontrollieren, ob alle Unterlagen und Utensilien bereit sind, und dann rechtzeitig schlafen gehen. Besser zwei Wecker als nur einen stellen, denn wer zur Prüfung hetzen muss, wird eher nervös.
- Mit kühlem Köpfchen an die Aufgaben gehen: Prüfungsfragen genau und ruhig durchlesen. Zuerst die einfachen Aufgaben lösen. Sollte Nervosität aufkommen, ruhig durchatmen.
Wer Mühe hat mit Planung und Organisation oder unter starker Prüfungsangst leidet, kann das Lernen in Kursen lernen. Branchenverbände und kantonale Lehrlingsstellen offerieren LAP-Vorbereitungskurse.